GfK-Konsumklima

GfK schreibt das Konsumjahr 2023 komplett ab

Der deutsche Privatkonsum wird das Konjunkturjahr 2023 nicht retten. Eine deutlich höhere Sparneigung schickt das Konsumklima für Oktober noch weiter in den Keller.

GfK schreibt das Konsumjahr 2023 komplett ab

GfK schreibt das Konsumjahr komplett ab

Sparneigung so hoch wie seit 2011 nicht mehr – Verbraucherstimmung sinkt stärker als erwartet

Die hohe Inflation und Jobsorgen verderben den deutschen Verbrauchern die Stimmung im September noch stärker als befürchtet. Vor allem die Sparneigung, die so hoch wie seit 2011 nicht mehr ist, sorgt für den erneuten Rückgang des GfK-Konsumklimas. Von dieser Seite ist für 2023 kein Wachstumsschub zu erwarten.

ba Frankfurt

Vom privaten Konsum ist in diesem Jahr konjunkturell nichts mehr zu erwarten. Auch wenn viele Ökonomen derzeit auf ein Anspringen der Verbraucherausgaben im endenden dritten Quartal setzen, nachdem die Inflation weiter zurückgeht und die Löhne stärker steigen. An der Verbraucherlaune lässt sich dies aber derzeit nicht ablesen, wie die GfK-Konsumklimastudie für September zeigt. Zwar hätten die Konjunktur- und Einkommenserwartungen wie auch die Anschaffungsneigung leicht zugenommen, doch der deutliche Anstieg der Sparneigung lässt das Konsumklima erneut sinken. Die Nürnberger Marktforscher prognostizieren ihr Konsumklima für Oktober auf –26,5 Punkte. Ökonomen hatten erwartet, dass der Indikator bei den für September zunächst gemeldeten –25,5 (revidiert: –25,6) Zählern stagniert.

Inflation gibt den Spielverderber

Der Anstieg der Sparneigung um 7,5 auf 8,0 Punkte – dies ist zudem der höchste Stand seit den 8,8 Punkten aus dem April 2011 – lasse das Konsumklima den zweiten Monat in Folge sinken, berichteten die Nürnberger Marktforscher. „Damit dürften die Chancen auf eine Erholung der Konsumstimmung noch in diesem Jahr auf null gesunken sein“, erklärt GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. Ursächlich seien die anhaltend hohe Inflationsrate wegen der stark steigenden Lebensmittel- und Energiepreise. Aber auch die Energiepreise, etwa für Benzin und Heizöl, haben jüngst wieder angezogen. „Somit wird der private Konsum in diesem Jahr keinen positiven Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung leisten“, betonte Bürkl. Für eine signifikante Verbesserung der Binnennachfrage sei es absolut notwendig, dass die Inflationsrate wieder auf ein erträgliches Maß zurückgeführt werde.

Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht dies bei einer Jahresteuerungsrate von 2% im Euroraum als gegeben. Ökonomen erwarten, dass sich die Rate diesem Preisziel erst im weiteren Verlauf des kommenden Jahres wieder annähert. Zum Vergleich: im August lag die Inflationsrate bei 6,1%. Von Reuters befragte Ökonomen erwarten, dass das Statistische Bundesamt am Donnerstag wegen Basiseffekten einen Rückgang der Inflationsrate für September auf 4,6% meldet. Dies wäre der niedrigste Stand seit Beginn des Ukraine-Kriegs.

Konsumlust so mies wie seit 2009 nicht mehr

Noch aber zehrt die hohe Inflation an der Kaufkraft der Verbraucher, lässt weniger Spielraum für größere Anschaffungen und verhindert eine nachhaltige Erholung der Einkommensaussichten. Diese haben sich nach den spürbaren Verlusten im August stabilisiert, der Indikator legte um 0,2 auf –11,3 Punkte zu. Die Konsumneigung verharrt seit mehr als einem Jahr auf niedrigem Niveau – im September legte sie um 0,6 auf –16,4 Punkte zu. Ein niedrigeres Niveau hat die GfK zuletzt während der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahre 2008 gemessen. „Der Indikator stagniert und zeigt keinen klaren Trend“, erklärte Bürkl. Die Konsumfreude werde erst dann wieder zurückkommen, „wenn die Inflationsrate auf ein akzeptables Niveau zurückgeführt wird und die Haushalte spürbare reale Einkommenszuwächse verzeichnen können“, betonte Bürkl.

Allerdings hat die Dynamik am Arbeitsmarkt nachgelassen und die steigenden Unternehmensinsolvenzen verstärken die Jobsorgen. Wie zurückhaltend die Firmen mittlerweile bei der Einstellung neuen Personals sind, zeigen die Frühbarometer des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie des Ifo-Instituts, die beide erneut nachgegeben haben.

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer setzte seine seit April währende Talfahrt fort und sank im September im Vergleich um 0,7 auf 99,8 Punkte, das ist der niedrigste Wert seit dem Corona-Jahr 2020. „Die Arbeitsmarktaussichten sind etwas schwächer als Ende 2012 in der Eurokrise, der letzten Rezession vor Corona“, erklärt IAB-Experte Enzo Weber. Die beiden Teilkomponenten des Frühbarometers lassen auf einen Anstieg der Arbeitslosigkeit und deutlich geringere Beschäftigungszuwächse schließen. Von einem Einknicken gehen die Arbeitsagenturen laut Weber aber weiter nicht aus. „Und trotz allem: Die Beschäftigung in Deutschland liegt noch immer auf Rekordstand“, betont Weber. Das Ifo-Beschäftigungsbarometer wiederum gab um 1,2 auf 95,8 Punkte nach und notiert nun auf dem niedrigsten Stand seit Februar 2021. „Der robuste Aufbau an Beschäftigung der letzten Monate ist zum Erliegen gekommen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Wegen fehlender Aufträge werden frei werdende Stellen eher zurückhaltend nachbesetzt.“ Bevor sich daran etwas ändere, müsse sich die Wirtschaft wieder erholen. „Mittelfristig wird der demografische Wandel dem Arbeitsmarkt mehr und mehr Arbeitskräfte entziehen“, so Wohlrabe.

In diesem Jahr wird aber die Arbeitslosigkeit erst noch ansteigen: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) etwa rechnet mit einem Zuwachs um 150.000 Personen, der Bankenverband BdB prognostiziert ein Plus von etwa 160.000 Menschen und laut IMK werden es 190.000 mehr als noch 2022 sein. Im September dürfte die Zahl der Arbeitslosen saisonbereinigt um 15.000 zulegen – so zumindest die Markterwartung für den am Freitag anstehenden Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit.

Rezession unausweichlich

Ähnlich wie Ökonomen erwarten die Konsumenten, dass die deutsche Wirtschaft 2023 um eine Rezession nicht herumkommt. Das GfK-Teilbarometer der Konjunkturerwartungen legte nach einem deutlichen Rückgang im Vormonat um 2,8 auf –3,4 Punkte zu. Die aktuellen Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute reichen von –0,6% (RWI) bis –0,4% (EU-Kommission, Ifo-Institut und DIW). Die führenden Wirtschaftsinstitute, zu denen unter anderem das Ifo, DIW und RWI gehören, haben Insidern zufolge ihre Prognosen für dieses und nächstes Jahr gesenkt: Statt ein Wachstum von 0,3% wird für 2023 ein Minus von 0,6% erwartet, 2024 sollen es dann 1,3% werden, statt der zuletzt vorausgesagten 1,5%. „Der Konsum scheint die Wirtschaft schrumpfen zu lassen“, analysiert Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die Verbraucher hätten vor allem auch Zukunftsängste.

Wertberichtigt Seite 2
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