EZB

Grenzen setzen

Es müsste wohl mit dem Teufel zugehen, wenn der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Anleihekaufprogramm (Quantitative Easing, QE) der Europäischen Zentralbank (EZB) für unrechtmäßig erklärt. Tatsächlich ist QE sicher weniger problematisch als das...

Grenzen setzen

Es müsste wohl mit dem Teufel zugehen, wenn der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Anleihekaufprogramm (Quantitative Easing, QE) der Europäischen Zentralbank (EZB) für unrechtmäßig erklärt. Tatsächlich ist QE sicher weniger problematisch als das frühere EZB-Staatsanleihekaufprogramm OMT (Outright Monetary Transactions). Dass es weniger problematisch ist, heißt aber eben nicht, dass es unproblematisch ist. Die Richter sollten deshalb nicht überziehen und keinen “Freibrief” gen Frankfurt schicken – und die EZB muss sich vor falschen Schlüssen hüten. Anders als OMT, das auf dem Höhepunkt der Euro-Schuldenkrise den selektiven Kauf von Titeln einzelner Staaten versprach, hat QE mit dem Kauf von Staatsanleihen aller Euro-Länder eine währungspolitische Zielsetzung, und es bedient sich geldpolitischer Mittel. Zweifel waren und sind eher angebracht, ob QE Anfang 2015 ökonomisch nötig war. Trotzdem kann bei QE die Grenze zur verbotenen monetären Staatsfinanzierung überschritten werden. Die EuGH-Richter täten also gut daran, der EZB sinnvolle Grenzen zu setzen – etwa bei der Begrenzung von Verlustrisiken und der Abgrenzung von Käufen auf dem Sekundärmarkt von jenen auf dem Primärmarkt. Dass die Euro-Hüter ihre QE-Nettokäufe Ende 2018 beenden wollen, macht das nicht weniger wichtig: QE geht über die Reinvestition weiter – und es geht auch um eine grundsätzliche Klärung.Die Euro-Hüter ihrerseits sollten anerkennen, dass Staatsanleihekäufe zwar ein weltweit verbreitetes geldpolitisches Instrument sind, aber dennoch kein normales – und in der Eurozone schon gar nicht. Es wirkt da allzu leichtfertig, wenn EZB-Präsident Mario Draghi QE nun als “normales Instrument” bezeichnet. QE sollte für die EZB nur in absoluten Notfallsituationen in Frage kommen – etwa zur Abwehr einer wirklichen Gefahr einer deflationären Abwärtsspirale.Die Luxemburger Richter dürfen der EZB zudem keine unbegrenzte Vollmacht ausstellen bei der Definition und Umsetzung der Geldpolitik. So wichtig und richtig die Unabhängigkeit der EZB ist und so wenig Geldpolitik mitunter in juristischen Kategorien zu fassen ist, so wenig darf dies eine Freistellung von jeglicher politischer und gerichtlicher Kontrolle bedeuten.Eine gewisse Eingrenzung sollte sogar im Interesse der Euro-Hüter selbst sein. Die weitreichende Unabhängigkeit der EZB ist demokratisch nur bei einem eng begrenzten Mandat zu rechtfertigen. Zudem weckt große Macht leicht politische Begehrlichkeiten, und sie schürt überzogene Erwartungen. Dann droht vollends die Überforderung der EZB.