Britische Konjunktur

Etwas Entspannung am britischen Arbeitsmarkt

Am britischen Arbeitsmarkt sind Zeichen der Entspannung auszumachen. Das Lohnwachstum verlangsamt sich. Die Zahl der offenen Stellen sinkt. Derweil tritt das neue Kabinett von Rishi Sunak erstmals zusammen.

Etwas Entspannung am britischen Arbeitsmarkt

Etwas Entspannung am britischen Arbeitsmarkt

Lohnwachstum schwächt sich nur langsam ab – Weniger offene Stellen – Neue Minister in Sunaks Kabinett

hip London

Der britische Arbeitsmarkt sendet Zeichen der Entspannung. Doch ist das Lohnwachstum weiterhin viel zu hoch, um mit dem Inflationsziel der Bank of England von 2,0% vereinbar zu sein. Die Zahl der offenen Stellen ist gesunken, doch die Zahl der Beschäftigten stieg und die Arbeitslosenquote blieb stabil.

Hohe Boni

Wie das Statistikamt ONS mitteilte, verlangsamte sich das Wachstum der Gesamtvergütung (inklusive Sonderzahlungen) in den drei Monaten per Ende September von 8,2% auf 7,9%. Volkswirte hatten allerdings im Schnitt einen Rückgang auf 7,3% erwartet. Offenbar hatten sie niedrigere Boni auf der Rechnung, als am Ende gezahlt wurden. Das Wachstum der regulären Bezüge lag mit 7,7% auf Vormonatsniveau. Damit stiegen die Reallöhne so stark wie zuletzt vor zwei Jahren.

Arbeitslosenquote bleibt stabil

"Experimentelle" Daten des ONS zur Beschäftigung zeigen, dass die Zahl der Beschäftigten in den drei Monaten um 54.000 gestiegen ist. Von Reuters befragte Volkswirte hatten dagegen im Schnitt mit einem Rückgang von 198.000 gerechnet. Die Arbeitslosenquote blieb mit 4,2% stabil. Die Zahl der offenen Stellen ging in den drei Monaten per Ende Oktober um 58.000 zurück und bewegte sich damit auf dem niedrigsten Stand seit Mai 2021. Seitdem sich Zweifel an dem "Labour Force Survey" mehrten, einer Umfrage mit immer weniger Teilnehmern, sind die Statistiker gezwungen zu improvisieren.

Messlatte liegt hoch

"Wir sollten betonen, dass es nicht den Anschein hat, als ob wir an einem Scheidepunkt wären, an dem sich die Arbeitsmärkte wieder verengen, und dass sich das Lohnwachstum nicht erneut beschleunigt", schrieb HSBC-Volkswirt Chris Hare in einer ersten Einschätzung. "Wir sind also vermutlich noch ein gutes Stück von der aus unserer Sicht ziemlich hoch liegenden Messlatte entfernt, die erreicht werden müsste, damit sich die Mehrheit der Geldpolitiker der Bank of England für eine weitere Zinserhöhung ausspricht."

Bei der jüngsten Sitzung des Monetary Policy Committee hatte sich die Mehrheit dafür ausgesprochen, den Leitzins auf 5,25% zu belassen. Der vom Arbeitsmarkt ausgehende Inflationsdruck lasse aber nur sehr langsam nach, schrieb Hare. Er rechnet erst Anfang 2025 mit der ersten Zinssenkung. Am Markt wurde zuletzt auf einen ersten Schritt nach unten im kommenden Sommer spekuliert.

Unterschiedliche Daten

Handelsbanken-Volkswirt Daniel Mahoney wies darauf hin, dass die Werte des ONS zum Lohnwachstum spürbar über den Kennzahlen lägen, die von der Steuerbehörde HMRC und dem Jobportal Indeed berechnet werden. Die HMRC-Daten kommen für Oktober auf einen Lohnanstieg von lediglich 5,9%. Er rechne deshalb nicht mit einer Veränderung der Inflationserwartungen, sollte es bei den am Mittwoch zur Veröffentlichung anstehenden Inflationsdaten keine Überraschungen geben, schrieb Mahoney.

Kabinett tritt zusammen

Unterdessen pries Premierminister Rishi Sunak, sein "starkes und einiges" Kabinett, in dem er Anfang der Woche eine ganze Reihe von Ministern ausgetauscht hatte. Es trat am Dienstag erstmals zusammen. Neben David Cameron, der ein Comeback als Außenminister feiert, gab es weitere Neuzugänge: Bim Afolami löste Andrew Griffith als City-Minister ab. Camerons ehemalige Redenschreiberin Laura Trott stieg zum Chief Secretary to the Treasury auf. Sie war zuvor als Unterstaatssekretärin für Altersversorgungsthemen zuständig.

Zugeständnisse an den rechten Flügel

Die prominente Brexit-Befürworterin Andrea Leadsom verdrängte den bisherigen Gesundheitsminister Steve Barclay, der zum Umweltminister heruntergestuft wurde. Ihre Ernennung kann, ebenso wie die Ernennung von Esther McVey zur Ministerin ohne Portefeuille im Cabinet Office, als Zugeständnis an die Parteirechte betrachtet werden. Mit der Kabinettsumbildung habe man deren Vertreter nicht hinaussäubern wollen, sagte Camerons Mentor, der ehemalige Parteichef William Hague.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.