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Große Sorgen um Euro-Wirtschaft

Die Euro-Wirtschaft hat zuletzt deutlich an Schwung verloren und teilweise sogar schon Rezessionssorgen geschürt. Neue Daten verstärken das nun. Nicht zuletzt deshalb geben sich führende Notenbanker vorsichtig.

Große Sorgen um Euro-Wirtschaft

Große Sorgen um Euro-Wirtschaft

Industrie tief in der Krise – EZB-Notenbanker Villeroy: Bei Zinsen alle Optionen offen

ms Frankfurt

Die Stimmung in den Industrieunternehmen im Euroraum hat sich im August etwas weniger aufgehellt als zunächst gedacht. Der entsprechende Einkaufsmanagerindex von S&P Global wurde am Freitag leicht nach unten revidiert. So oder so schwächelt die Euro-Wirtschaft aber deutlich, und vor allem die Industrie befindet sich in der Krise. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund betonten führende Euro-Notenbanker, dass der weitere Zinskurs komplett offen sei – trotz enttäuschender Inflationsdaten.

Die Euro-Wirtschaft hat zuletzt deutlich an Schwung verloren und teilweise sogar schon Rezessionssorgen geschürt. Schuld ist nicht zuletzt auch die Schwäche der deutschen Wirtschaft. Für die Europäische Zentralbank (EZB) verkompliziert das die Lage. Die Konjunkturschwäche spricht für Vorsicht bei weiteren Zinserhöhungen. Zugleich war am Donnerstag bekannt geworden, dass die Inflation im August überraschend nicht weiter gesunken ist, sondern bei zu hohen 5,3% stagniert hat (vgl. BZ vom 1. September).

Am Freitag nun meldete S&P Global, dass der Einkaufsmanagerindex für die Euro-Industrie im August um 0,8 Punkte auf 43,5 Zähler zugelegt habe. In einer ersten Schätzung waren aber noch 43,7 Punkte gemeldet worden. Vor allem aber liegt der Wert weiter deutlich unterhalb der 50 Punkte und zeigt so eine Schrumpfung an. Die Eurozonen-Industrie habe im August „weiter tief in der Krise“ gesteckt, hieß es von S&P. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, nannte die Zahlen indes „gar nicht so katastrophal, wie der erste Blick suggeriert“. Alle zwölf Teilindizes hätten sich nach oben bewegt oder seien praktisch unverändert geblieben – „was zeigt, dass der Abwärtstrend der letzten Monate allmählich an Kraft verliert“, so de la Rubia.

Besonders düster ist die Lage in Deutschland. Für die deutsche Industrie notierte der Index bei 39,1 Punkten und damit nur unwesentlich höher als im Juli mit 38,8 Zählern. „Deutschland bleibt ein negativer Ausreißer unter den großen Euro-Ländern“, sagte de la Rubia. „Das wird die Diskussion anheizen, ob Deutschland der kranke Mann Europas ist, auch wenn das Land weiterhin zu den am stärksten diversifizierten Volkswirtschaften der Welt gehört.“

EZB-Vizepräsident Luis de Guindos sagte am Donnerstagabend, dass die jüngsten Daten vom Juli und August auf eine Wirtschaftsabschwächung im dritten und wohl im vierten Quartal hindeuteten. Die EZB müsse aber zugleich weiter daran arbeiten, die Inflation wieder auf den Zielwert von 2% zu bringen. Die Entscheidung der EZB über eine weitere Straffung ihrer Geldpolitik auf der nächsten Sitzung am 14. September sei noch nicht gefallen. Ähnlich äußerte sich am Freitag Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau. „Unsere Optionen sind bei dieser Sitzung offen, wie auch auf den folgenden.“ Allerdings befinde sich die EZB „nahe oder sehr nahe“ am Zinsgipfel. Zugleich sei man weit davon entfernt, über Zinssenkungen nachzudenken.