Große Unsicherheit um Italien

Eurogruppe mahnt Einhaltung von Regeln an - Präsident Mattarella im Fokus

Große Unsicherheit um Italien

bl/ahe/ba Mailand/Brüssel – Italiens Regierung riskiert mit ihrem Haushaltsentwurf 2019 nicht nur einen Konflikt mit der EU-Kommission, sondern auch mit Staatspräsident Sergio Mattarella. Der Präsident kann den Haushalt zurückweisen. Er verwies auf die Verfassung, die die Tragfähigkeit der Schulden und solide öffentliche Finanzen verlangt. Mattarella hatte Ende Mai den Eurogegner Paolo Savona als Wirtschaftsminister abgelehnt.Wirtschaftsminister Giovanni Tria hatte sich dem Druck der Regierungsparteien 5 Stelle und Lega gebeugt und einen Anstieg des Defizits 2019 auf 2,4 (2018: 1,6) % akzeptiert. In einem Interview mit der Zeitung “Il Sole 24 Ore” rechtfertigte er sein Nachgeben mit der Notwendigkeit, Wachstumsimpulse durch Investitionen zu schaffen. Andernfalls werde das Wachstum auf unter 1 % sinken. Mit den geplanten Maßnahmen werde es 2019 auf 1,6 % und 2020 auf 1,7 % steigen. Ökonomen wie Carlo Cottarelli und Lars Feld, Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, glauben nicht, dass die vor allem konsumtiven Maßnahmen das Wachstum wesentlich beflügeln, und rechnen mit einem noch höheren Defizit. Italienische Ökonomen befürchten eine Herabstufung des Landes durch die Ratingagenturen Moody’s und S&P – womöglich auf Ramschniveau.Am Rande eines Treffens der Eurogruppe in Luxemburg forderten mehrere Euro-Finanzminister, dass gesetzte Regeln von allen Ländern auch respektiert werden müssten. Obwohl das Haushaltsthema eigentlich nicht auf der Agenda stand, wurde es auf der Sitzung diskutiert. “Wir alle wissen, was auf dem Spiel steht”, betonte Eurogruppen-Chef Mario Centeno im Anschluss. “Wir sind alle an den Euro gebunden und brauchen eine solide Politik, um sie zu schützen.” Es liege an der italienischen Regierung, zu zeigen, dass sie einen nachhaltigen und glaubwürdigen Haushaltsplan habe.Luxemburgs Ressortchef Pierre Gramegna plädierte allerdings dafür, die Situation zu “dedramatisieren”. Man müsse sich erst die Details des Haushaltsentwurfs ansehen. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici verwies darauf, dass Italien erst ab einem Budgetdefizit von 1,6 % strukturelle Verbesserungen seiner Verschuldungssituation erreiche.Anleger gehen derweil davon aus, dass trotz der großen Schwankungen an den Märkten dies keine Auswirkungen auf die Stabilität der Eurozone haben wird. Der vom Analysehaus Sentix erhobene Euro Break-up Index (EBI) ist im September um 1 auf 8,9 Punkte und der Teilindex Italiens um 1,1 auf 7,3 Zähler gefallen. Italien ist damit immer noch das Land mit der höchsten Austrittswahrscheinlichkeit. Doch der EBI signalisiert, “dass sowohl die potenzielle Herabstufung italienischer Staatsanleihen von Seiten der Ratingagenturen wie auch das ausgehende politische Signal Italiens an den Rest von Europa die Einheit Eurolands nicht ernsthaft gefährdeten”, so Sentix-Geschäftsführer Patrick Hussy.—– Bericht Seite 18