Habeck hält Stromsteuer-Senkung für nicht finanzierbar
Habeck hält Stromsteuer-Senkung für nicht finanzierbar
BDI warnt vor Abwanderung der energieintensiven Unternehmen – Mittwoch Chemiegipfel im Kanzleramt
ahe Berlin
Eine von der Wirtschaft geforderte Senkung der Stromsteuer würde nach Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck der energieintensiven Industrie kaum helfen und wäre zudem nicht finanzierbar. Der Grünen-Politiker sagte am Dienstag auf dem BDI-Klimakongress in Berlin, dass er am liebsten beides zur Entlastung der Wirtschaft umsetzen wolle – einen Industriestrompreis und eine Senkung der Stromsteuer. Letzteres nütze den von den hohen Strompreisen besonders betroffenen energieintensiven Unternehmen aber nichts, da diese ohnehin keine Stromsteuer zahlten. Eine Senkung dieser Steuer würde zudem voll auf den Kernhaushalt durchschlagen, da ein solcher Schritt nicht über den Klima- und Transformationsfonds zu finanzieren sei. Derzeit spült die Stromsteuer knapp 7 Mrd. Euro jährlich in die öffentlichen Kassen.
Habeck verwies in diesem Zusammenhang auch auf die finanzpolitischen Begrenzungen durch die aktuellen Haushaltsregeln, die seiner Ansicht nach nicht mehr zu den aktuellen Anforderungen passen. An der Einführung eines Industriestrompreises hält der Minister aber weiter fest und wies auch die Kritik der Wirtschaftsweisen zurück, die gewarnt hatten, ein Industriestrompreis verzögere notwendige Anpassungen in der Industrie. Eine Abwanderung der Industrie zu forcieren, sei möglicherweise aus rein ökonomischen Gründen richtig, mit Blick auf die Wirtschaftssicherheit aber „fahrlässig“, so Habeck, der die Chancen für den auch innerhalb der Ampel-Koalition umstrittenen Industriestrompreis auf 50 zu 50 bezifferte.
Am Mittwoch sind die hohen Energiepreise auch Thema auf einem „Chemiegipfel“, zu dem Vertreter der Branche ins Kanzleramt kommen. Die Chemieunternehmen hoffen auf rasche Entlastungen durch die Politik. Der Präsident des
Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, warnte am Dienstag auf dem Klimakongress, dass in den energieintensiven Branchen die industrielle Produktion zunehmend eingeschränkt und verlagert werde.
„Eine Absenkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß und eine Senkung der Netzentgelte wären für alle Verbraucher eine große Entlastung.“ Deutschland werde als Industrie- und Exportnation im internationalen Wettbewerb weiter „nach hinten durchgereicht“, wenn man so weitermache wie bisher. „Wir verlieren Unternehmen, wir verlieren Wertschöpfung“, kritisierte Russwurm.
„Maßnahmenbündel“ gefordert
Der BDI-Präsident hält es für dringend erforderlich, dass die Bundesregierung nun schnell und gemeinsam „ein wirksames Maßnahmenbündel“ gegen die im internationalen Vergleich ungewöhnlich hohen Stromkosten verabschiedet und für differenzierte Entlastung sorgt. Andernfalls werde auch die erwünschte Transformation durch Elektrifizierung ausbleiben, warnte Russwurm.
Ähnlich äußerte sich auch die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi. „Wettbewerbsfähige Strompreise sind die Voraussetzung für eine Ausweitung privater Investitionen in die Dekarbonisierung“, betonte sie in Berlin. „Ohne diese gibt es auch keinen Klimaschutz.“ Die Bundesregierung müsse nun schnell die richtigen Weichen stellen, um eine schleichende Deindustrialisierung zu vermeiden.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing verwies auf dem Kongress darauf, dass eine Transformation der Wirtschaft dennoch „wachstumsorientiert“ stattfinde. Er sehe mit Schrecken, dass
man sich in Deutschland und der EU an vielen Stellen selbst im Wege stehe. Der FDP-Politiker mahnte vor allem schnellere Genehmigungsverfahren bei der Modernisierung der Infrastruktur und mehr Tempo beim Ausbau des Stromnetzes an.