Jahreswirtschaftsbericht

Habeck hofft auf einen „Reformbooster“

Die Bundesregierung hat ihre Wachstumsprognosen im neuen Jahreswirtschaftsbericht wie erwartet deutlich zurückgenommen. Wirtschaftsminister Robert Habeck forderte einen "Reformbooster" – hielt sich aber mit konkreten neuen Vorschlägen zurück. Aus der Wirtschaft kamen verärgerte Reaktionen.

Habeck hofft auf einen „Reformbooster“

Habeck hofft auf einen „Reformbooster“

Minister hält sich aber zu neuem Paket zur Ankurbelung der Wirtschaft bedeckt – Verbände üben deutliche Kritik

Die Bundesregierung hat ihre Wachstumsprognosen im neuen Jahreswirtschaftsbericht wie erwartet deutlich zurückgenommen. Wirtschaftsminister Robert Habeck forderte einen „Reformbooster“ – hielt sich aber mit konkreten neuen Vorschlägen zurück. Aus der Wirtschaft kamen verärgerte Reaktionen.

ahe Berlin

Angesichts der derzeitigen Wachstumsschwäche hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck einen „Reformbooster“ gefordert, um die strukturellen Probleme in der deutschen Wirtschaft anzugehen. Der Grünen-Politiker zählte zu den Herausforderungen insbesondere den Arbeitskräftemangel, der sich in den nächsten Jahren noch verschärfen und das Potenzialwachstum dämpfen werde. Als großes Investitionshemmnis sieht er außerdem die Bürokratie. Wichtig sei es, private Investitionen besser anzureizen, sagte Habeck bei der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichts. Wie die Ampel-Koalition dies angehen will, ließ er allerdings offen. „Es geht um nichts Geringeres, als die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Industriestandortes zu verteidigen“, ist dem Minister allerdings klar.

Im Jahreswirtschaftsbericht werden allgemein „zehn Handlungsfelder zur nachhaltigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit“ aufgezählt, ohne hier konkrete neue Ankündigungen zu machen. Das von der Unions-Bundestagsfraktion zur Stärkung der Wirtschaft vorgeschlagene Zwölf-Punkte-Paket lehnte Habeck mit dem Hinweis auf fehlende Vorschläge zur Gegenfinanzierung ab. Das Paket koste 50 Mrd. Euro und sei nur zu finanzieren, wenn es zu einem Wachstum von 5% führen würde, sagte der Minister in Berlin. Finanzminister Christian Lindner hatte bereits für das Frühjahr ein mit Habeck abgestimmtes eigenes Entlastungspaket in Aussicht gestellt.

Dieser räumte nun ein, dass sich die Wirtschaft aktuell „in schwerem Fahrwasser“ befindet. „Wir kommen langsamer aus der Krise als gehofft“, sagte Habeck und kassierte – wie erwartet und bereits angekündigt – die bisherige Konjunkturprognose ein: Statt eines Anstiegs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,3% ist nun nur noch mit einem Wachstum von 0,2% zu rechnen. Habeck verwies zur Begründung auf das weltwirtschaftliche Umfeld, geopolitische Krisen sowie hohe Zinsen, die die Erholung bremsten.

Kein Befreiungsschlag in Sicht

Als Hoffnungszeichen stufte der Wirtschaftsminister die neuen Rekordzahlen bei der Beschäftigung und beim Zubau von erneuerbaren Energien ein und verwies darauf, dass die Lohnzuwächse in diesem Jahr oberhalb der Inflationslage lägen. Arbeitnehmer hätten endlich auch real wieder mehr Geld im Portemonnaie. Die Kaufkraft steige, betonte Habeck, der deshalb im Jahresverlauf mit einer binnenwirtschaftlichen Erholung rechnet.

Aus der Wirtschaft kam deutliche Kritik an den fehlenden Antworten der Bundesregierung. „Es ist angesichts der aktuellen Lage, der deutlichen Worte und Warnungen aus Wirtschaft und Wissenschaft unverständlich, dass die Notwendigkeit von grundsätzlichen Reformen und Entscheidungen nicht erkannt und benannt wurde“, brachte es der Automobilverband VDA auf den Punkt und bemängelte den fehlenden „Befreiungsschlag“ durch die Politik. Und nach Einschätzung des Verbandes der Familienunternehmer wird im neuen Jahreswirtschaftsbericht lediglich hilflos aufgezeigt, was ohnehin schon längst feststehe. Wer den Standort tatsächlich verbessern wolle, um das Potenzialwachstum wieder hochzubekommen, müsse Geld für Steuersenkungen in die Hand nehmen und den Mut aufbringen, glasklar aufzuzeigen, wo er dafür Einsparungen vornehmen wolle, so der Verband. „Das schafft die Koalition offensichtlich nicht mehr.“

Beunruhigt zeigte sich auch die Finanzwirtschaft. Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) erklärte, dass in der aktuellen Situation wirtschaftspolitische Einzelmaßnahmen – wie das schlichte Hochfahren der Staatsverschuldung oder Fördermaßnahmen für einzelne Wirtschaftsbereiche – nicht mehr weiterhelfen. „Dringend notwendig ist ein umfassender und großer Aufschlag, der ganz generell bessere Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Aktivitäten und Investitionen in Deutschland schafft.“ Ähnliche Forderungen kamen von der DIHK, die ein „verlässliches, deutliches Aufbruchssignal“ verlangte, mit dem eine Zeitenwende in der Wirtschaftspolitik eingeläutet werde.

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