Habeck warnt vor einem Schlechtreden des Wirtschaftsstandorts
Habeck warnt vor einem Schlechtreden des Standorts
Scharfe Kritik der Opposition an Wirtschaftspolitik – Union sieht "Deutschland-Pakt" kritisch – Scholz bietet Gespräche an
ahe Berlin
Angesichts der aktuellen Konjunkturflaute hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vor einem „defätistischen Schlechtreden“ des Wirtschaftsstandorts Deutschland gewarnt. In der Haushaltsdebatte im Bundestag räumte der Grünen-Politiker am Donnerstag ein, dass es derzeit „Probleme“ gebe – strukturelle, vor allem aber solche, die ihre Ursache im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hätten. „Das heißt aber nicht, dass alles schlecht ist“, betonte Habeck. „Wir sind ein starker Standort. Wir sind ein hochinteressanter Standort für ausländische Investoren.“ Zu den strukturellen Problemen zählte der Minister die zu geringe Digitalisierung, zu viel Bürokratie sowie den Mangel an Arbeitskräften. Deutschland müsse „raus aus der Komfortzone der Selbstzufriedenheit“.
Zahlreiche Oppositionspolitiker warfen Habeck dagegen nicht nur eine verfehlte Wirtschafts- und Energiepolitik vor, sondern auch, dass er nichts gegen die derzeitige Krise unternehme. „Sie leben in einer anderen Welt“, meinte etwa Unionsfraktionsvize Jens Spahn. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Julia Klöckner, forderte Habeck auf, einen Krisengipfel für die Wirtschaft einzuberufen.
Spahn bezeichnete den am Vortag von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorgeschlagenen „Deutschland-Pakt“ als einen „Offenbarungseid“. „Das Problem ist nicht, dass wir eine Krise haben, die den großen Schulterschluss benötigt. Das Problem ist, dass wir eine Regierung haben, die in der Krise nicht funktioniert“, monierte der CDU-Politiker. Der Pakt sei eine Auflistung von Projekten, bei denen die Ampel-Koalition seit Monaten nicht vorankomme, und sei in Wahrheit ein Misstrauensvotum des Kanzlers gegen seine eigene zerstrittene Koalition.
„Im Kanzleramt nichts Neues“
Scholz machte CDU-Chef Friedrich Merz verschiedenen Medienberichten zufolge ein Gesprächsangebot, um über den „Deutschland-Pakt“ zu sprechen. Merz selbst wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Die Deutsche Presseagentur berichtete allerdings von einem sogenannten „Blitz-Briefing“ des Leitungs- und Planungsstabs von Merz, das den Titel „Im Kanzleramt nichts Neues“ trägt. Keines der im Pakt genannten Vorhaben sei neu, hieß es demnach. „Sämtliche Vorschläge sind bereits früher kommuniziert worden. Zahlreiche der genannten Vorhaben werden bereits seit Monaten von der Bundesregierung verschleppt.“
In eine ähnliche Richtung ging die Kritik des Städte- und Gemeindebunds, der im „Deutschland-Pakt“ ebenfalls neue Ansätze vermisst. „Alles, was Scholz zu dem Vorhaben gesagt habe, werde jeder unterschreiben", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg im WDR. „Aber man muss ehrlich sein: Das ist alter Wein in neuen Schläuchen.“ Der Städte- und Gemeindebund hatte nach Angaben von Landsberg schon 2020 ein Investitionsvorranggesetz gefordert, um etwa Beteiligungsverfahren zu verkürzen.
Positiver fiel das Urteil der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) aus. „Mit dem angekündigten Deutschland-Pakt wacht die Bundesregierung endlich auf“, sagte Verbandspräsident Rainer Dulger der „Rheinischen Post“. Zu lange habe die Ampel-Regierung die Digitalisierung verschlafen und an bürokratischen Hürden für Wirtschaft und Gesellschaft festgehalten. „Gemeinsam mit den Ländern muss sie das Maßnahmenpaket jetzt schnell auf den Weg bringen“, stellte der Arbeitgeberpräsident zugleich klar.