Halloween-Party mit "The Donald"
China findet zunehmend Gefallen an einem waschechten US-Import, nämlich den Feierlichkeiten zum Halloween-Fest. Zumindest im für westliche Strömungen besonders empfänglichen Schanghai hat Halloween mittlerweile mit kürbisgeschwängertem grellen Orange sowie allem erdenklichen Gruselfirlefanz sehr heftig auf die Dekoration von Shoppingzentren, Bars und Gastronomiestätten abgefärbt. Es sind freilich noch zarte Anfänge. Mit der US-Sitte, kleine und große Kinder in Halloween-Kostümen von Tür zu Tür ziehen zu lassen, um Süßigkeiten zu erbetteln, kann man sich nicht anfreunden.Zum einen weil die extremen Ängste in Sachen Lebensmittelsicherheit geradezu prägend für chinesische Mittelstandsfamilien und ihre wohl behüteten Einzelkinder sind. Zum anderen gibt die typische chinesische Wohnungstopografie mit ihren Hochhaustürmen nicht die geeignete Kulisse ab. Wo es keine Einzelhäuser mit Gärten und Wohnzimmerschaufenstern gibt, macht es auch wenig Sinn, den für Amerika typischen Halloween-Spirit mit ausgehöhlten Kürbissen und aufwendigen Verzierungen nach außen zu tragen.Dafür haben junge Erwachsene ihren Spaß mit Halloween-Partys, die für reichlich Belebung in Schanghais Ausgehvierteln sorgen. Im abergläubisch geprägten China hat man allerdings die Scheu vor gruseligen Outfits, Horrormasken und Skeletten noch nicht ganz abgelegt. Man geht einen Mittelweg. Beliebt ist beispielsweise der Pärchenauftritt in Verkleidung, wobei sich der männliche Part als Doktor mit blutbeschmiertem OP-Kittel darstellt und der weibliche als aufreizende Krankenschwester mit überdimensioniertem Häubchen, aber textilarmem Röckchen. *Die eigentliche Gruselnacht amerikanischen Ursprungs verorten viele erst in einer Woche, wenn am 8. November der Urnengang über die künftige Besetzung des US-Präsidentenamts entscheidet. In der Schanghaier Halloween-Szene sieht man jede Menge Selbstdarsteller, die sich als Donald Trump prächtig und anlassgerecht verkleidet fühlen, den Gegenpart einer Hillary Clinton scheint allerdings niemand übernehmen zu wollen – man will den Gruselfaktor wie gesagt nicht übertreiben.Tatsächlich nämlich empfindet das breite Publikum einen Sieg der China gegenüber sehr reserviert auftretenden Präsidentschaftskandidatin Clinton – die sich in ihrer Zeit als Außenministerin mit einer härteren US-Linie zu Streitigkeiten im Südchinesischen Meer denkbar unbeliebt gemacht hat – als die eigentliche Horrorshow. Die Vorstellung, dass der “etwas unkonventionelle” republikanische Präsidentschaftskandidat Trump zu Beginn nächsten Jahres die Regie im Weißen Haus übernehmen könnte, wird indes als interessante und amüsante Abwechslung wahrgenommen und in sozialen Netzwerken fröhlich diskutiert. *China mag “The Donald” irgendwie. Wenn man hört, was Trump in seinen bisherigen Wahlkampfauftritten zu China schon so alles von sich gegeben hat, mag das freilich ein wenig verwundern. Da ist von Monsterstrafzöllen und Handelssanktionen gegen China am Tag eins des Amtsantritts die Rede, Chinas Wechselkurspolitik wird wortgewaltig beschimpft und chinesische Firmen werden als Killer von Corporate America bezeichnet. Das alles scheint man nicht so richtig ernst zu nehmen, außerdem wünscht sich der Durchschnittschinese sowieso sehnlichst, dass der schleichende Wertverfall der heimischen Währung Yuan gegenüber dem Dollar gestoppt wird.Und schließlich gibt es auch noch die andere Seite der Medaille beziehungsweise der bipolaren Äußerungen, wenn Trump seine China-Tiraden zwischenzeitlich mit Ausrufen wie: “I love China, I love Chinese people” garniert. Kommende Woche wird es wegen der Zeitverschiebung keine nächtlichen US-Wahlpartys in Schanghai und anderswo geben; dafür aber eine Frühstücksfernsehgaudi, bei der ein großer Teil der chinesischen Bevölkerung insgeheim hofft, dass Trump gewinnt und die Washingtoner Regierungsszene zu einer echten Muppet Show verkommt.