Harte Fronten im EU-Budgetstreit

Regierungschefs zeigen auf Gipfel wenig Kompromissbereitschaft - Nettozahler wollen strikte Deckelung

Harte Fronten im EU-Budgetstreit

In Brüssel ringen die EU-Staats- und Regierungschefs um die Neujustierung des mittelfristigen Finanzrahmens der Union. Wie erwartet blieben die Fronten zwischen Nettozahlern und -empfängern zunächst starr. Eine Einigung über das Budget ab 2021 war zum Auftakt des Sondergipfels nicht absehbar.ahe Brüssel – Auf dem EU-Sondergipfel zum nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen haben die Staats- und Regierungschefs wenig Kompromissbereitschaft erkennen lassen. Während Nettozahler wie Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden auf einer strikten Deckelung der Ausgaben auf dem bisherigen Niveau beharrten, betonte etwa der französische Staatspräsident Emmanuel Macron, wenn die EU Ambitionen habe, müsse sie diese auch mit Geld unterlegen.Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel räumte zu Beginn des Treffens in Brüssel – das zu Redaktionsschluss noch nicht beendet war – ein, dass es große Differenzen gebe. Sie betonte, Deutschland habe die “große Entschlossenheit”, eine Lösung zu finden. Doch sei unklar, ob dies gelingen könne. Der Verhandlungsstand sei unbefriedigend. Unter den Nettozahlern sei “die Balance noch nicht richtig ausgearbeitet”. Es gebe keine faire Lastenverteilung.EU-Ratspräsident Charles Michel hatte für die Jahre 2021 bis 2027 insgesamt Ausgaben von 1,095 Bill. Euro vorgeschlagen, was 1,074 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) entspricht. EU-Länder im Osten und Süden, die auf Agrar- und Strukturhilfen angewiesen sind, wollen höhere Ausgaben.Wie andere Nettozahler bestand Dänemark aber auf einer Deckelung von 1,0 %. Ministerpräsidentin Mette Frederiksen betonte, der aktuelle Vorschlag von Michel sei “so weit von der dänischen Position entfernt, dass ich vor dem Hintergrund keinen Kompromiss sehen kann”. Man habe noch einen langen Weg vor sich, um zueinander zu finden. Auch ihr schwedischer Kollege Stefan Löfven betonte, die Positionen lägen sehr weit auseinander. “Ob es wirklich eine Einigung geben kann, steht in den Sternen”, sagte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, der darauf verwies, dass sich sein Land eng mit Dänemark, Schweden und den Niederlanden abgestimmt habe. So müsse auch im Etat umgeschichtet und in Zukunftsfelder wie Forschung und Entwicklung investiert werden. Gespart werden solle bei der EU-Verwaltung, bei Rüstungsausgaben, beim geplanten Eurozonen-Budget und bei der Regionalförderung.Emmanuel Macron nannte deutlich andere Schwerpunkte und forderte mehr Geld für die Verteidigung, für das Erasmus-Austauschprogramm und für die Landwirtschaft. Aber auch insgesamt seien mehr Ehrgeiz und mehr Mittel nötig: “Es wäre inakzeptabel, ein Europa zu haben, das seine Mittel reduziert”, sagte Macron in Brüssel. “Wir brauchen mehr Europa.”Unterdessen erinnerte der Präsident des EU-Parlaments, David Sassoli, gestern noch einmal daran, dass der nächste siebenjährige EU-Finanzrahmen nicht allein von den Mitgliedstaaten bestimmt werde, sondern im Anschluss auch noch mit dem Parlament verhandelt werden müsse. Sassoli drohte den Staats- und Regierungschefs mit einem Veto. Er habe beim EU-Gipfel klargemacht, “dass das Europäische Parlament nicht jede beliebige Einigung akzeptieren wird”. Das Parlament hatte wiederholt deutlich mehr Ausgaben von 1,3 % des BNE gefordert.Ob der Gipfel am heutigen Freitag oder sogar am Samstag noch fortgesetzt wird, war gestern zunächst unklar. Michel sah eine Einigung weiter für möglich an.