LEITARTIKEL

Heißes Jahr für EZB & Co.

Gestern die Bank of Japan, morgen die Europäische Zentralbank (EZB), nächste Woche die US-Fed und dann die Bank of England: Das neue Jahr nimmt jetzt auch geldpolitisch Fahrt auf. Zwar dürften die ersten Sitzungen relativ ereignislos verlaufen;...

Heißes Jahr für EZB & Co.

Gestern die Bank of Japan, morgen die Europäische Zentralbank (EZB), nächste Woche die US-Fed und dann die Bank of England: Das neue Jahr nimmt jetzt auch geldpolitisch Fahrt auf. Zwar dürften die ersten Sitzungen relativ ereignislos verlaufen; dafür aber verspricht – oder droht – 2018 insgesamt ein heißes Jahr zu werden für die EZB & Co.: Die Zentralbanken müssen endlich das geldpolitische Großexperiment der vergangenen Jahre beenden, ohne den globalen Wirtschaftsaufschwung abzuwürgen und die Finanzmärkte ins Chaos zu stürzen. Eine Herkulesaufgabe, wie die durch die Notenbanken induzierten Marktturbulenzen der ersten Januarwochen gezeigt haben. Von dem Gelingen dieser Aufgabe aber hängt das finale Urteil über die Geldpolitik der Krisenjahre ab – ob die Notenbanker dereinst als Helden oder als Versager gelten.Was die EZB betrifft, ist es längst Zeit, die geldpolitische Wende zu forcieren. Das aktuelle Ausmaß der Unterstützung durch breite Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) und Negativzinsen ist schlicht nicht mehr angemessen für eine Wirtschaft, die so stark wächst wie seit einem Jahrzehnt nicht und die meilenweit von einer Deflation entfernt ist. Die lockere Geldpolitik wirkt zudem immer expansiver, je besser die Wirtschaft läuft – ohne Anpassung stimuliert sie also mehr als geplant. Wenn die EZB nun auch nur schwerlich vom Oktober-Beschluss abrücken kann, die Käufe bis mindestens Ende September 2018 fortzusetzen, so muss sie wenigstens tunlichst vermeiden, Erwartungen darüber hinaus zu schüren. Entwickeln sich Wachstum und Inflation wie prognostiziert, sollte dann endgültig Schluss sein mit QE. Die jüngste Euro-Stärke ist dafür bislang kein Hindernis; diese sollte nicht überdramatisiert werden. Auch die Wahl in Italien Anfang März ist mutmaßlich nichts, was die Eurozone aus der (Wachstums-)Bahn werfen sollte.Noch mehr als in der Geldpolitik hinkt die EZB in Sachen Kommunikation der Entwicklung hinterher – ist sie also “behind the curve”. Das einseitige Versprechen, QE im Notfall wieder zu verlängern oder zu intensivieren, ist längst ein Anachronismus. Vor allem aber ist es dringend geboten, die Verknüpfung zwischen den QE-Nettokäufen und dem Erreichen des 2-Prozent-Ziels zu kappen. Im Vergleich zum Bestand an Papieren von letztlich 2,55 Bill. Euro in den Notenbankbilanzen sind einige weitere Monate mit Käufen von 30 Mrd. Euro oder weniger nicht mehr als die sprichwörtlichen Peanuts. Es ist auf jeden Fall Irrsinn, wenn die EZB QE nur deswegen immer weiter verlängert, um die Erwartungen an Leitzinserhöhungen weiter in die Zukunft zu schieben. Die EZB sollte besser für mehr Klarheit bei den Leitzinsen selbst sorgen – ohne sich selbst aber über Gebühr zu binden. Die Sorge, mit Änderungen in der Kommunikation für Unruhe zu sorgen, ist verständlich. Je länger die EZB das Unausweichliche hinausschiebt, desto mehr überhöht sie selbst aber jede kleinste Änderung. Das kann also schnell nach hinten losgehen.Was die Sache für die Euro-Hüter erschwert, ist, dass sich immer mehr Notenbanken in Richtung Exit bewegen. Der bisherige Normalisierungskurs der Fed verlief wohl auch deshalb recht geschmeidig, weil andere, wie die EZB oder die Bank of Japan, ihre Politik locker hielten oder gar weiter lockerten. Damit dürfte es 2018 vorbei sein – und das zu Recht: Die globale Wirtschaftsdynamik und die wenn auch verhalten anziehende Inflation verlangen nach einem QE-Ende und höheren Zinsen. Die Inflation könnte 2018 gar zur großen Überraschung werden, indem sie sich stärker beschleunigt. Wie für Euroland gilt zudem weltweit, dass ein zu später Exit mindestens so große Gefahren birgt wie ein zu früher – nicht zuletzt das Risiko, später umso aggressiver umsteuern zu müssen. Zu guter Letzt sollten die Notenbanker auch ein Interesse an einer zeitigen Normalisierung haben, um bei der nächsten Krise nicht mit leeren Händen dazustehen.In jedem Fall ist es ein Irrweg, wenn nun vor allem prominente US-Notenbanker dafür plädieren, zeitweise eine Inflation von mehr als 2 % zu akzeptieren – quasi als Ausgleich für die Jahre unterhalb dieses Zielwerts. Für die dahinter stehende Idee der Preisniveausteuerung gibt es in der Theorie zwar gute Argumente. In der Praxis jedoch steht die Bewährungsprobe aus. Vor allem aber sollten die Zentralbanken einen solchen Regimewechsel nicht voreilig und klammheimlich vollziehen. Solange dagegen das 2-Prozent-Ziel gilt, ist es dann das eine, nicht gleich auf ein Überschießen zu reagieren, wenn der Trend absehbar temporär ist. Es ist aber etwas ganz anderes, ein Überschießen bewusst anzuvisieren. Das wäre ein gefährliches Spiel mit den Inflationserwartungen. Auch wenn die Teuerung weiter gedämpft bleibt – die Inflation ist sicher nicht tot. Die Notenbanken sollten da nicht leichtfertig gleich das nächste hochriskante Experiment wagen.——–Von Mark SchrörsDie Zentralbanken stehen vor einer Herkulesaufgabe: Sie müssen die Geldpolitik normalisieren, ohne das Wachstum abzuwürgen. Zu spät zu handeln wäre riskant.——-