DIE ZEIT FÜR ATHEN WIRD KNAPP

"Hellas-Krise steuert noch auf Höhepunkt zu"

BayernLB-Chefvolkswirt Michels rechnet mit "Sparprogramm light" - Lösung ohne Grexit

"Hellas-Krise steuert noch auf Höhepunkt zu"

wf Berlin – Der Höhepunkt im Drama um Griechenland steht erst noch bevor. Davon ist der Chefvolkswirt der Bayern LB, Jürgen Michels, überzeugt. Die Wahrscheinlichkeit eines “Grexit” – also des Ausscheidens Griechenlands aus der Europäischen Währungsunion – bleibe gering, sagte er vor Journalisten in Berlin. Doch der Chefvolkswirt rechnet noch mit einer deutlichen Zuspitzung des Konflikts zwischen der neuen griechischen Regierung und ihren Finanziers. “Mir fällt es schwer zu glauben, dass es zur Einigung kommen kann, ohne dass die Situation eskaliert.”Michels kalkuliert in diesem Szenario auch temporäre Bankenschließungen und Kapitalverkehrskontrollen ein, ähnlich wie im März 2013 in Zypern. Nur in einer derart zugespitzten Lage sei ein gesichtswahrender Rückzug der Kontrahenten von ihren derzeit weit auseinanderliegenden Positionen möglich. Die Haltungen könnten derzeit kaum konträrer sein, stellte Michels fest. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die europäischen Staaten forderten von Griechenland weitere Reformen und Sparmaßnahmen. Die neue Regierung in Athen plädiere dagegen für das Aufweichen der Reformen, ein Ende der Sparmaßnahmen und eine Überbrückungsfinanzierung für das Ende Februar auslaufende Hilfsprogramm. Mitglied der Eurozone will Hellas dennoch bleiben.In diesem Jahr muss Griechenland rund 16 Mrd. Euro an Zinsen und Tilgung schultern. Für Michels dürfte es nach der Eskalation zu einem neuen “Sparprogramm light” kommen. Die Anforderungen an den Primärüberschuss im griechischen Staatshaushalt dürften sinken. Zudem sei ein Schuldenschnitt über die Streckung von Zins und Tilgung zu erwarten. Der IWF dürfte nicht wieder mit frischem Geld dabei sein, erwartet Michels. Europa müsste den Fonds dann auszahlen.Neu und weniger komfortabel für Athen sei die Situation in puncto Geldversorgung. Die Liquiditätshilfen über die Notversorgungslinie ELA ( Emergency Liquidity Assistance) via griechische Zentralbank hätten die nationalen Institute schon einmal 2012 genutzt. Voraussetzung dafür ist jedoch die Solidität der Banken. Deren Beurteilung, die im Jahr 2012 noch allein bei der griechischen Bankenaufsicht lag, ist mit dem neuen europäischen Aufsichtsregime für die großen Institute des Landes inzwischen aber auf die Europäische Zentralbank (EZB) übergegangen.