GRIECHENLAND HÄLT EUROZONE IN ATEM

Hellas pokert bis zur letzten Minute

Kapitalgeber müssen kurzfristige Hilfen klären - Finanzierungsbedarf von mehr als 50 Mrd. Euro erwartet

Hellas pokert bis zur letzten Minute

Die griechische Regierung hat auch gestern wieder die Kapitalgeber warten lassen. Ein spätestens bis Mitternacht zugesagtes Papier lag am Abend bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Sein Inhalt entscheidet maßgeblich über Griechenlands Verbleib im Euro-Währungsgebiet.fed Brüssel – Drei Tage vor der aller Voraussicht nach endgültigen Entscheidung über die Aussicht auf neue Finanzhilfen und damit über die Chance zur Abwendung des Ausstiegs des Landes aus der Währungsunion haben EU-Politiker die Gelegenheit zur Krisendiplomatie genutzt. Während die EU-Kommission den Eingang eines konkreten Reform- und Sparvorschlags aus Athen erwartete, traf sich EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit griechischen Oppositionspolitikern. Die Konservativen, die Sozialdemokraten und die neue linksliberale Partei “To Potami” haben angekündigt, im Parlament einen Reformvorschlag des Links-Rechts-Bündnisses Syriza zu unterstützen, wenn damit die Aussicht auf weitere Hilfszahlungen gewahrt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist Juncker bemüht, die Parteien über den Stand der Verhandlungen auf dem Laufenden zu halten. Schließlich könnten ihre Stimmen wichtig werden, falls die radikale Linke in Griechenland nicht länger Premier Alexis Tsipras folgen sollte.Da Tsipras gestern erneut die Geduld der Kapitalgeber beanspruchte und das zugesagte Papier bis zum Abend noch nicht geliefert hatte, wird die Zeit für Institutionen, Minister und Regierungschefs zur Begutachtung und politischen Würdigung des Vorschlags am Wochenende nun denkbar knapp. Schließlich müssen die Kapitalgeber nicht allein prüfen, ob die Reform- und Sparanstrengungen den Vorstellungen für eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Rückkehr zur Schuldentragfähigkeit entsprechen. Sie müssen zugleich den Finanzierungsbedarf für Griechenland in den nächsten drei Jahren prognostizieren – und der hängt auch davon ab, wie weitreichend das Land zu Anpassungen – etwa bei den Renten – bereit ist. Absehbar ist, dass die jüngst vom Internationalen Währungsfonds geschätzten 50 Mrd. Euro nicht ausreichen dürften. Denn erstens werden die in schwere Schieflage geratenen Banken einer Finanzspritze bedürfen. Zweitens ist allein seit Schließung der Institute ein erheblicher Schaden für die griechische Wirtschaft entstanden. Mittlerweile gehen Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt von – 3 % für 2015 um – sie sind allerdings angesichts der jüngsten Entwicklungen allenfalls Schätzgrößen.Ein schwieriges Problem am Wochenende dürfte zudem die Klärung der Frage werden, wie sichergestellt wird, dass Hellas bis zum Start eines neuen Hilfsprogramms finanziell über Wasser gehalten werden kann. Fachleute gehen davon aus, dass mindestens einige Wochen überbrückt werden müssen. Die Rückzahlung der Zinserträge aus dem Kauf griechischer Anleihen von gut 3 Mrd. Euro (für 2014 und 2015) werden wohl kaum reichen. Deshalb gibt es Gedankenspiele, dass einzelne Euro-Partner zwischenzeitlich neue T-Bills aus Griechenland kaufen könnten, um dem Land ein wenig Luft zu verschaffen.