Historischer Einbruch in den USA

Keine Branche im zweiten Quartal von der Rezession verschont - Fed-Chef: Corona gibt weiteren Weg vor

Historischer Einbruch in den USA

Die Coronakrise hat in der US-Wirtschaft zum tiefsten Einbruch in der Geschichte geführt. Die annualisierte Wirtschaftsleistung schrumpfte um fast ein Drittel. Da die Zukunftsaussichten sich wieder eingetrübt haben, wächst der Druck auf den Kongress, zügig ein Konjunkturpaket zu verabschieden.det Washington – Die US-Wirtschaft ist als Folge der Coronavirus-Pandemie von April bis Juni so stark eingebrochen wie nicht einmal während der Weltwirtschaftskrise vor 90 Jahren. Wie das Bureau of Economic Analysis (BEA) des Handelsministeriums meldete, schrumpfte die Wirtschaft gegenüber dem Vorjahresquartal um 9,5 %. Das auf ein Jahr hochgerechnete Bruttoinlandsprodukt (BIP) gab um 32,9 % nach.Erwartet hatten vor mehreren Wochen befragte Ökonomen sogar noch einen Rückgang um fast 35 %. Der Einbruch war dennoch insofern überraschend, als zuletzt der Optimismus angesichts positiver Nachrichten vom Häusermarkt, dem Einzelhandel und der Industrie wieder leicht zugenommen hatte.Keine Branche blieb von der Rezession verschont. Verbraucher, die in den USA mehr als zwei Drittel des BIP ausmachen, schraubten ihre Ausgaben um fast 35 % zurück. Die Zahl überraschte Experten deswegen, weil Direkthilfen und das deutlich aufgestockte Arbeitslosengeld, welches als Teil des Konjunkturpakets im März beschlossen worden war, die Privateinkommen deutlich erhöht hatten.Besonders stark litten in der Berichtsperiode Dienstleister, vor allem im Gesundheitswesen. Auch Unternehmen ruderten zurück. So schrumpften neben Ausrüstungsinvestitionen vor allem Investitionen in den Eigenheimbau. Ausfuhren brachen um mehr als 64 % ein. Der deutliche Rückgang bei Lagerinvestitionen lässt sich vor allem auf den Autohandel zurückführen, der sich erst im Juni wieder zu erholen begann.Dass von Inflation weit und breit nichts zu sehen ist, wird vom PCE-Preisindex bestätigt, dem bevorzugten Inflationsmaß der Notenbank. Dieses legte im zweiten Quartal um 1,3 % und an der Kernrate gemessen, die schwankungsanfällige Energie- und Lebensmittelpreise ausklammert, um 1,6 % zu.Wendy Edelberg, früher Chefökonomin beim Congressional Budget Office (CBO) und nun bei der Brookings Institution, meint, dass “die Zahlen mit Nachdruck beweisen, wie stark die Wirtschaft gelitten hat”. Laut Edelberg muss dies “für den Kongress ein kräftiger Impuls sein, noch vor der Sommerpause ein neues Konjunkturpaket einzutüten”.Indes bekräftigte Notenbankchef Jerome Powell nach der Sitzung des Offenmarktausschusses der Fed, dass die Währungshüter am Nullzins festhalten und ihre Anleihenkaufprogramme fortsetzen würden. Der weitere Konjunkturverlauf, so Powell, werde “in erheblichem Maße von der Fähigkeit abhängen, das Virus einzudämmen und dessen Weiterverbreitung zu verhindern”.Auch die jüngsten Zahlen vom Arbeitsmarkt illustrieren, dass ein Ende der Wirtschaftskrise nicht abzusehen ist. Laut Arbeitsministerium stiegen die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe vergangene Woche um 1,43 Millionen, eine Zunahme um 12 000 gegenüber der vorangegangenen Woche. Es handelt sich dabei um den 19. Anstieg in Folge. Nachdenklich stimmt Volkswirte die Tatsache, dass die fortdauernden Anträge deutlich anzogen, nämlich um 867 000 auf 17 Millionen, und somit Ängste vor einem zweiten Einbruch zu bestätigen scheinen.Trotz der wieder deutlich eingetrübten Konjunkturaussichten sind Parlamentarier weiterhin zerstritten und werden aller Voraussicht nach außerstande sein, noch vor der anstehenden Sommerpause ein neues Hilfspaket zu schnüren. Republikaner, die im Senat die Mehrheit besitzen, haben 1 Bill. Dollar an Direktzahlungen, Lohnersatz, Krediten für Unternehmen, die von der Krise betroffen sind, und weiteren Maßnahmen vorgelegt.Innerhalb der Republikanischen Partei ist ein Disput entbrannt über die Höhe der Zahlungen an Haushalte. Selbst wenn sich die Republikaner einigen, müsste noch ein Kompromiss zwischen deren Vorlage und dem Gesetzesentwurf der Demokraten gefunden werden. Die Oppositionspartei, die im Repräsentantenhaus die Mehrheit besitzt, hatte schon im Mai ein Konjunkturpaket im Volumen von über 3 Bill. Dollar verabschiedet. – Wertberichtigt Seite 8