VORSICHT BEHERRSCHT DIE GELDPOLITIK

Hoffnung der Frankenhüter lebt weiter

Unbeirrt von Federal Reserve und EZB setzt die Schweizerische Nationalbank ihren strammen Kurs fort

Hoffnung der Frankenhüter lebt weiter

Von Daniel Zulauf, ZürichNichts geht mehr bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Das dreiköpfige Direktorium des helvetischen Noteninstituts unter Führung von Thomas Jordan hat anlässlich seiner ersten von vier ordentlichen geldpolitischen Standortbestimmungen im Jahr erwartungsgemäß keine Kursänderung vorgenommen. Das Zielband für den unbesicherten Dreimonatsfranken im Londoner Interbankenmarkt bleibt bei – 1,25 % bis – 0,25 %, wobei die SNB diesen impliziten Leitzins so steuert, dass er in der Mitte des Bandes bleibt. Der Strafzins von – 0,75 %, den die Geschäftsbanken auf ihre überschüssigen Giroguthaben bei der SNB zahlen müssen, bleibt ebenfalls unverändert.Manche Ökonomen wie Thomas Gitzel von der liechtensteinischen VP Bank werten die Untätigkeit der SNB als “Politik der ruhigen Hand”. Andere wie Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, befinden hingegen kritisch: “Es ist zunehmend unklar, welches Ziel unsere Nationalbank mit welchen Instrumenten verfolgt.”Tatsache ist, dass die SNB ihren Kurs seit Aufgabe der Euro-Untergrenze am 15. Januar 2015 nicht mehr verändert hat. Die SNB fährt zwar stramm in eine Richtung, aber sie segelt fernab von der Ideallinie. Zwar ist die Schweiz im vergangenen Jahr trotz Frankenschocks nicht in eine Rezession gefallen. Aber das Wachstum lag mit 0,9 % weit unter dem Potenzial der Volkswirtschaft, und dementsprechend steigen nun auch die Arbeitslosenzahlen. Besserung ist nicht in Sicht. Noch im Dezember hatte die SNB mit einer Beschleunigung des Wirtschaftswachstums im laufenden Jahr auf “rund 1,5 %” gerechnet. Drei Monate später muss das Noteninstitut aber einräumen, die Lage zu optimistisch beurteilt zu haben. Neu prognostiziert die SNB für die Schweiz noch ein Wachstum im laufenden Jahr von 1 % bis 1,5 %. Der Ökonomenkonsens liegt bei 1,1 %.Besonders offensichtlich wird die Distanz zur Ideallinie, wenn man die Teuerungsdaten betrachtet. Die für das laufende Jahr erwartete Inflationsrate liegt neu bei – 0,8 %, nachdem die SNB im Dezember noch mit einer Rate von – 0,5 % gerechnet hatte. 2017 soll die Teuerung wieder in den positiven Bereich zurückkehren, aber nur haarscharf: Die Prognose 2017 wurde ebenfalls deutlich nach unten korrigiert, von 0,3 % auf nur mehr 0,1 %. Lange noch keine InflationDiese negativen Teuerungsraten passen gar nicht gut zum gesetzlichen Auftrag der SNB, für Preisstabilität zu sorgen. Preisstabilität besteht nach Definition der Notenbank dann, wenn sich die Inflation unter 2 % bewegt. Sie sollte aber auch nicht allzu deutlich unter dieser Marke stehen. Einigermaßen beunruhigend ist der Umstand, dass diese Stabilität auch auf längere Sicht (fünf Jahre) nicht erwartet wird. Die von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich befragte Konjunkturexpertengruppe rechnet aktuell mit einer Inflation in fünf Jahren von lediglich 1,2 %.Gewerkschaftsökonom Lampart sagt, die SNB betreibe im Gegensatz zu ihren eigenen Behauptungen keine expansive Politik, sondern sei trotz Negativzinsen verantwortlich für restriktive monetäre Bedingungen im Land. Diese Aussage ist insofern nicht falsch, als der teure Franken de facto wie ein hoher Leitzins wirkt und zusammen mit den flankierenden Maßnahmen der SNB zur Verhinderung einer Immobilienblase die ökonomische Aktivität im Land bremst.Doch Lamparts Forderung nach einer Rückkehr zum Euro-Mindestkurs hält nicht nur das SNB-Direktorium für unrealistisch und allzu kostspielig. Man erinnere sich: Die Frankenhüter hatten das Mindestkursregime genau dann aufgeben, als absehbar wurde, dass die Europäische Zentralbank nochmals deftig nachlegen würde. Nach dem Regimewechsel blieb der Aufwertungsdruck auf den Franken so lange hoch, bis sich an den Finanzmärkten die Erwartung gebildet hatte, dass die Federal Reserve sich von der Nullzinspolitik verabschieden und eine Phase steigender Leitzinsen einleiten könnte.