Hogan verzichtet auf WTO-Kandidatur
fed – EU-Handelskommissar Phil Hogan hat es sich doch noch einmal anders überlegt. Der Ire, der in wenigen Tagen seinen 60. Geburtstag feiert, erklärte zu Wochenbeginn seinen Verzicht auf die Kandidatur für den Posten des Generaldirektors der Welthandelsorganisation WTO.Hogan hatte sich zwar noch nicht formell um das Amt beworben, aber seit Anfang Juni öffentlich mit einer Kandidatur geliebäugelt. Die irische Regierung hatte gerade erst vor wenigen Tagen ihre Unterstützung für Hogan ausgesprochen. Daraufhin war er von der EU-Kommission gebeten worden, als EU-Handelskommissar zunächst einmal alle sensiblen Dossiers ruhen zu lassen, um sich nicht dem Vorwurf einer Interessenskollision auszusetzen.Nach seiner gestrigen Erklärung kann er sich nun wieder ganz seinen Aufgaben als EU-Kommissar widmen. Er habe sich entschlossen, schrieb Hogan in einer Mitteilung vom Montag, nicht für die Position des Generaldirektors der Welthandelsorganisation zur Verfügung zu stehen. “Ich habe die Kommissionspräsidenten heute darüber informiert. In Absprache mit und mit Zustimmung von Präsidentin Ursula von der Leyen werde ich mit sofortiger Wirkung zu meinem Amt als Handelskommissar zurückkehren.”Hogan bedankte sich bei “den vielen Handelsministern und Botschaftern der 164 Mitglieder der WTO für ihre Ermutigung und ihr Angebot zur Unterstützung”. Damit insinuiert der Politiker der bürgerlich-liberalen Partei Fine Gael, dass er Chancen gehabt habe, gewählt zu werden. Wie groß diese Chancen tatsächlich gewesen sind, lässt sich schwer sagen.Seit Gründung der Welthandelsorganisation im Jahr 1994 kam immerhin die Hälfte der sechs Generaldirektoren aus Europa: der Italiener Renato Ruggiero sowie der Franzose Pascal Lamy – und mit dem Iren Peter Sutherland sogar bereits schon ein Landsmann von Hogan. Außerdem standen der WTO der Neuseeländer Mike Moore und der Thailänder Supachai Panitchpakdi vor. Aktuell wird die Organisation vom Brasilianer Roberto Azevedo geführt, der das Amt aber abgeben möchte.Die WTO “befindet sich in einer Krise”, mahnte Hogan. Seit Gründung des Handels- und Zollabkommens GATT nach dem Zweiten Weltkrieg sei aber die Notwendigkeit eines “globalen Schiedsrichters” nie größer gewesen als jetzt. Daher, so argumentierte Hogan, “sollte unverzüglich ein neuer Generaldirektor der WTO ernannt werden”.Er fürchte, dass sich der ursprüngliche Plan, den Nachfolger von Roberto Azevedo im September zu bestimmen, verschieben werde, sagte Hogan. Gerade jetzt – in Zeiten von Covid-19, der Eskalation von Handelsstreitigkeiten und des näher rückenden Brexit – werde er, so glaubt der Ire, aber dringend als EU-Handelskommissar gebraucht. Sein Verzicht auf die Kandidatur erlaube es nun anderen Politikern, vor dem Bewerbungsstichtag am 8. Juli zu prüfen, ob sie ins Rennen gehen wollen.