Ifo: Ausweitung der Beitragspflicht hilft kaum
Ausweitung der Beitragspflicht hilft kaum
Ifo: Mehreinnahmen entlasten Sozialversicherung geringfügig – Längere Lebensarbeitszeit
ast Frankfurt
Eine Ausweitung der Beitragspflicht auf alle Einkünfte würde der Renten- und Krankenversicherung nur bedingt helfen. Zu diesem Schluss kommt eine Berechnung auf Grundlage von Daten aus dem Sozio-Oekonomischen Panel, die das Dresdner Ifo-Institut für empirische Wirtschaftsforschung am Freitag veröffentlicht hat. Aktuell werde über eine Beitragspflicht auch auf Zinsen, Dividenden und Mieteinnahmen diskutiert. "Die dadurch erzielbaren Mehreinnahmen wären jedoch verschwindend gering", sagte Ifo-Forschungsleiter Joachim Ragnitz.
Die sozialen Sicherungssysteme werden in den kommenden Jahren erhebliche zusätzliche finanzielle Mittel benötigen, schreiben die Studienautoren. Grund sei der demografische Wandel, der mit seiner Alterung der Gesellschaft die Renten- und Pflegeversicherung unter erhöhten Kostendruck setze. Hinzu komme der technische Wandel, der in der gesetzlichen Krankenversicherung zu höheren Gesundheitsausgaben führe. Immer wieder diskutiert die Politik über Maßnahmen, wie Renten- und Sozialversicherung finanziell gestärkt werden können. Zur Diskussion steht etwa eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage. Im Vordergrund stehen hier zusätzliche Einkommen der bereits sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Auch eine Ausweitung des versicherten Personenkreises auf Selbständige oder Beamte wird immer diskutiert.
Nachhaltigkeit stärken
Laut Ifo könnte die Rentenversicherung bei einer breiteren Bemessungsgrundlage Mehreinnahmen in Höhe von 5,6 Mrd. Euro pro Jahr erwarten – bei Gesamtausgaben von 341 Mrd. Euro. Auch für die gesetzliche Krankenversicherung gehen die Ökonomen nicht von einer echten Entlastung aus. Da kämen Mehreinnahmen von 5,3 Mrd. Euro bei 275 Mrd. Euro auf der Ausgabenseite hinzu. Noch nicht berücksichtigt sind bei dieser Rechnung zudem die zusätzlichen administrativen Kosten sowie Ausweichreaktionen der Beitragszahler. Die Ifo-Forscher raten daher von einer Ausweitung der Bemessungsgrundlage ab. Auch die Einbeziehung von weiteren Personengruppen in die Sozialversicherungspflicht – wie etwa den Beamten – würde nur bedingt zu Entlastungen führen. Wie Ragnitz warnte, stiegen dann "zumindest in der Rentenversicherung mittelfristig auch die Zahlungsansprüche". Und weiter: "Ein Beitrag zur Erhöhung der Nachhaltigkeit der Rentenversicherung ist das also nicht."
Stattdessen führt der Leiter der Dresdner Ifo-Niederlassung, Marcel Thum, ein späteres Renteneintrittsalter zur Entlastung der Sozialsysteme an. Um die Sozialversicherungssysteme demografiefest zu machen, müsse es Anpassungen auf der Ausgabenseite geben. "Dazu gehört in der Rentenversicherung auch eine längere Lebensarbeitszeit", so Thum. Zuletzt hatte dieser Ausweg auch in Berlin Zustimmung gefunden. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) forderte, dass angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels die Rente mit 63 nicht mehr finanziert werden sollte. Auch aus der Wirtschaft werden immer wieder ähnliche Forderungen laut.