Ifo-Chef Fuest besorgt über steigende Targetsalden

Bundesregierung zur Intervention bei der EZB aufgefordert - Notenbank hält Anleihekäufe für die Ursache

Ifo-Chef Fuest besorgt über steigende Targetsalden

lz Frankfurt – Der Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, hat die Bundesregierung aufgefordert, wegen der stark angestiegenen Targetsalden bei der EZB zu intervenieren. Die Europäische Zentralbank (EZB) müsse “Maßnahmen ergreifen, um den unrechtmäßigen und übermäßigen Gebrauch der Überziehungskredite für eine Vermögensumschichtung in der Eurozone einzudämmen”.Im November sind die Überziehungskredite der Bundesbank an das Eurosystem (Target-Salden) auf ein Allzeithoch von 754 Mrd. Euro angewachsen. Der bisherige Höchststand der Targetsalden wurde zum Höhepunkt der Euro-Krise im August 2012 gemessen. Und insofern halten viele Ökonomen aktuell auch den erneuten Targetrekord wieder für ein Krisensignal.Fuest vermutet dahinter u.a. eine verstärkte Kapitalflucht aus Italien. Die Forderungen resultieren nach seiner Beobachtung aus Überweisungskrediten im Auftrag ausländischer Notenbanken. Sie dienen dazu, in Deutschland Güter oder Vermögensobjekte zu kaufen oder Schulden zu tilgen. Während im US-Notenbanksystem die Targetschulden der District-Notenbanken immer wieder getilgt werden, ist das in Europa nicht der Fall.Nach Einschätzung von Fuest ist die Entwicklung durchaus bedrohlich für Deutschland. Denn die von der Bundesbank zwangsweise vergebenen Überweisungskredite machen mittlerweile die Hälfte des Netto-Auslandsvermögens Deutschlands aus. Im Falle eines Auseinanderbrechens der Währungsunion wären insofern erhebliche Teile dieses Vermögens der Bundesbank abzuschreiben. Für den dann realisierten Verlust müsste letztlich der Steuerzahler einstehen.Nach Ansicht der EZB sind die hochlaufenden Targetsalden indes “kein Symptom erneuten Stresses”. Vielmehr seien sie “eine direkte Konsequenz der Umsetzung geldpolitischer Entscheidungen”, sprich: der Anleihenkäufe. Bei der Abwicklung komme es zu grenzüberschreitenden Liquiditätsflüssen, wenn Käufer und Verkäufer in verschiedenen Euro-Ländern agierten. Das habe direkten Einfluss auf das Target-Zahlungssystem, beschwichtigte sie in ihrem Wirtschaftsbericht Anfang November. Außerdem stellten die Salden wegen der Irreversibilität des Euro keinerlei Risiko dar.