Immobilien halten China in Schwung

BIP-Wachstum stabilisiert sich bei 6,7 Prozent - Perspektiven für 2017 allerdings weniger rosig

Immobilien halten China in Schwung

Chinas Wirtschaft ist im dritten Quartal gut über die Runden gekommen. Mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 6,7 % wurden die Prognosen erfüllt und das Tempo der beiden Vorquartale gehalten. Die Stabilisierung der Konjunkturkräfte beruht allerdings in erster Linie auf einem Boom im Immobiliensektor und einer sehr kräftigen Kreditexpansion mit wachsenden Verschuldungsgefahren. Experten rechnen denn auch damit, dass die chinesische Wirtschaft 2017 wieder unter neuerlichen Abkühlungsdruck gerät.Von Norbert Hellmann, SchanghaiChinas Konjunkturkräfte scheinen sich zu stabilisieren. Die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft wuchs auch im dritten Quartal um 6,7 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und lässt damit latente Sorgen um eine anhaltende Konjunkturabkühlung zunächst in den Hintergrund treten. Die Experten rechnen damit, dass Chinas Wachstumsrate für das Gesamtjahr bei 6,6 bis 6,7 % liegen wird, so dass die offizielle Zielmarke der Regierung im Korridor zwischen 6,5 und 7,0 % in jedem Fall eingehalten wird. Industriesektor schert ausAuch die gestern parallel zu den Informationen fürs dritte Quartal veröffentlichten Daten zur Wirtschaftsleistung im September zeichnen ein insgesamt freundliches Bild. Bei den Anlageinvestitionen, die als potenzieller Schwachpunkt gelten, ergab sich ein Plus im Zeitraum von Januar bis September von 8,2 % – was im Rahmen der Erwartungen liegt und eine leichte Steigerung gegenüber dem Wert der ersten acht Monate bedeutet. Der Einzelhandel legte mit 10,7 % gegenüber Vorjahresmonat etwas kräftiger zu als im August.Lediglich bei der Industrieproduktion gibt es einen Wermutstropfen. So kam der Output im verarbeitenden Gewerbe mit 6,1 % nach zuvor 6,3 % etwas schwächer voran. China-Ökonomen warnen allerdings davor, dass die Stabilisierung des chinesischen Wachstums auf anhaltenden fiskalischen Impulsen der Regierung, einer sehr kräftigen Kreditexpansion und einer Boomstimmung am Wohnimmobilienmarkt gründet und mit einer wachsenden Überschuldungsproblematik einherzugehen droht. Peking gibt sich optimistischAn den europäischen und asiatischen Märkten wurden Chinas neue Wirtschaftsdaten am Mittwoch denn auch eher verhalten aufgenommen. Die Börsen in Hongkong und Schanghai traten praktisch auf der Stelle. An der Devisenfront allerdings gab es eine Erholungstendenz. So wurde die über acht Tage anhaltende Abschwächung des chinesischen Yuan gegenüber dem Dollar vorerst aufgehalten. In Schanghai festigte sich die Valuta um knapp 0,1 % auf 6,74 Yuan je Dollar.Ein Sprecher des Pekinger Statistikbüros zeichnete gestern ein recht optimistisches Bild zu Chinas laufenden Konjunkturperspektiven. Die nationale Wirtschaftsperformance sei im Großen und Ganzen stabil und man sehe Fortschritte auf dem Weg zu einem qualitativ höherwertigen Wachstum, hieß es in Peking. Dabei wird in erster Linie die langfristige Adjustierung des chinesischen Wachstumsmodells hin zu einer stärker konsumgeleiteten und vom Dienstleistungssektor angetriebenen Wirtschaft angesprochen. Nach Angaben des Statistikbüros hat sich der Beitrag des Konsums zum BIP-Wachstum nach nunmehr drei Quartalen auf 71 % eingependelt – was eine sehr kräftige Erhöhung um gut 13 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt bedeutet. Dampf bei DienstleistungenParallel dazu beobachtet man eine erhöhte Dynamik im Dienstleistungssektor, was als Beitrag zu einem langfristig nachhaltigeren Wirtschaftsmodell gewertet wird. Im bisherigen Jahresverlauf expandierte der Dienstleistungssektor um 7,6 % gegenüber Vorjahr und steuert nunmehr auch den größten Beitrag zur Wertschöpfung in der chinesischen Wirtschaft bei. So kommt man auf einen Anteil von 28 Bill. Yuan, was bezogen auf die Gesamtleistung von 53 Bill. Yuan einen Anteil von gut 52 % bedeutet. Damit liegt China freilich noch deutlich unter dem in den westlichen Volkswirtschaften gemessenen Beitrag des tertiären Sektors, befindet sich aber auf dem Weg zu einer modernen Dienstleistungsgesellschaft.Der China-Ökonom der Nord/LB, Frederik Kunze, gibt allerdings zu bedenken, dass ein nennenswerter Anteil des jüngsten Dienstleistungsschubs dem boomenden Immobiliensektor zugerechnet werden muss und nicht beliebig in die Zukunft fortgeschrieben werden kann.In jedem Fall sehen Analysten Anzeichen dafür, dass Chinas Wirtschaft trotz der einstweiligen Plateaubildung beim nominellen BIP-Wachstum weiter unter Abwärtsdruck steht. Im sequenziellen Vergleich hat sich das chinesische Wachstum im dritten Quartal mit einem Plus von 1,8 % gegenüber dem Vorquartal bereits wieder etwas abgeschwächt.In der Industrie ist die Verfassung zudem noch nicht sonderlich stabil. Zwar profitieren die Unternehmen von einer Trendwende bei den Erzeugerpreisen, die nach einer fünfjährigen Deflationstendenz im September erstmals wieder einen Anstieg gegenüber Vorjahresmonat ausweisen konnten. Andererseits aber werden notwendige Reformeinschnitte in den von Überkapazitätsproblemen geprägten Schwerindustriesektoren zwangsläufig negativ auf die Wachstumsdynamik durchschlagen.