Konjunkturstimulus

Immobilienmarkt diesmal tabu

Wenn es in Chinas Wirtschaft mal nicht so prächtig lief, haben sich Pekings Wirtschaftslenker stets mit der Lockerung von Immobilienmarktrestriktionen zu behelfen gewusst und die unerwünschte Nebenwirkung einer angeheizten Immobilienpreishausse in...

Immobilienmarkt diesmal tabu

nh

Wenn es in Chinas Wirtschaft mal nicht so prächtig lief, haben sich Pekings Wirtschaftslenker stets mit der Lockerung von Immobilienmarktrestriktionen zu behelfen gewusst und die unerwünschte Nebenwirkung einer angeheizten Immobilienpreishausse in Kauf genommen. Der Wohnungsbausektor sowie immobilienverwandte Dienste färben in kaum einem Land so stark auf die Wirtschaftsleistung ab wie in China. Gleichzeitig aber findet sich kein anderes Schwellenland, in dem die Wohnimmobilienpreise in Großstädten so schwindelerregende Höhen erreicht haben.

So sieht man sich zwangsläufig einem Zielkonflikt zwischen relativ leicht zu bewirkender Konjunkturanregung und relativ schwer zu dämpfenden Vermögenspreisblasen und Verschuldungseffekten gegenüber. In Zeiten der Pandemie ist der Zielkonflikt noch komplizierter zu meistern, denn nicht nur in China, auch in westlichen Industrieländern kann man feststellen, dass die konjunkturelle Unsicherheit die Fixierung auf sicheres „Betongold“ bei den Privaten noch erhöht.

Zuletzt ist Chinas Wirtschaftserholung wieder ins Schlingern geraten, wie Konjunkturdaten für Juli zeigen, was die Frage nach Möglichkeiten für rasch wirksame Impulse aufwirft. Allerdings sieht es diesmal ganz danach aus, dass der Immobilienmarkt tabu bleibt. Schließlich hat man sich der Losung verschrieben, dass Wohnungen zum Wohnen und nicht zum Spekulieren da sind. Kürzlich erst schnitt Vizepremier Han Zheng die Thematik an, indem er versicherte, dass der Immobiliensektor nicht für kurzfristige konjunkturelle Stimuli herangezogen werden soll. Da Han als ein besonders enger Vertrauter des Staatspräsidenten gilt, kann man seine Worte als aktuell herrschende Meinung ansehen.

Tatsächlich zeigen die zu Jahresbeginn verfügten Verschärfungen von Kaufberechtigungen für Neuwohnungen und Restriktionen beim Zugang zu Hypothekenkrediten Wirkung: Durchschnittlich steigen die Immobilienpreise in Chinas 70 größten Städten nur noch um 0,3% gegenüber Vormonat, das ist der niedrigste Wert seit langem. Würde man jetzt die Zügel lockern, käme es sofort zu Nachholeffekten und entsprechend heftigen Preisschüben, die Regierung hilflos aussehen lassen würden. Diesmal muss also anderweitig stimuliert werden.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.