Konjunktur

Immobilienweise warnen vor Baumisere

Die Immobilienweisen warnen in ihrem Frühjahrsgutachten, dass die Wohnungsbaumisere noch länger dauern könnte. "Wer baut, geht bankrott", heißt es beim Zentralen Immobilien Ausschuss ZIA.

Immobilienweise warnen vor Baumisere

Immobilienweise warnen vor Baumisere

600.000 Wohnungen fehlen dieses Jahr – "Neubau rechnet sich nicht"

ba Frankfurt

Die Immobilienweisen warnen in ihrem Frühjahrsgutachten vor einer länger andauernden Krise im Wohnungsbau. Das Kompendium, das am Dienstag an Bundesbauministerin  Klara Geywitz (SPD) übergeben wurde, belege unsichere Aussichten für Teile der Branche und finstere Perspektiven für alle, die in Deutschland Wohnraum schaffen wollen oder verzweifelt eine Wohnung suchen, heißt es beim Zentralen Immobilien Ausschuss ZIA. "Die Krise ist tiefer, als die Baufertigstellungs- und Baugenehmigungszahlen bislang zeigen", heißt es im Gutachten. Noch zehre der Wohnungsbau von Projekten, die vor den deutlichen Zinserhöhungen begonnen worden seien.

600.000 Wohnungen fehlen in diesem Jahr

Angesichts der um rund ein Viertel eingebrochenen Genehmigungszahlen und unter Berücksichtigung der Bauzeiten dürften die Fertigstellungen voraussichtlich bis auf 150.000 pro Jahr sinken. Das zentrale Ziel der Ampel-Koalition von 400.000 Wohnungsneubauten jährlich ist damit deutlich außer Reichweite, denn in diesem Jahr dürften nach ZIA-Berechnungen 600.000 Wohnungen fehlen, im kommenden Jahr dann 720.000 und 2027 stiege diese Zahl sogar auf 830.000.

"Neubau rechnet sich nicht"

"Mit den aktuellen Niveaus von Zinsen, Baulandpreisen, Baukosten und Mieten rechnet sich der Neubau von Wohnungen nicht", heißt es weiter. Die Stornierungswelle erreichte mit 20,7% im vergangenen Jahr ein Rekordhoch, fast jedes zweite Unternehmen meldete zum Jahresende Auftragsmangel und die Gefahr für Liquiditätsausfälle sei gestiegen. Und die Aussichten sind trübe: Die Stornierungswelle könne sich „weiter fortsetzen, da die Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen vorerst ungünstig bleiben dürften”, analysiert der Immobilienweise Lars P. Feld. Das Wohnungsmarktangebot dürfte nachlassen und den Druck auf die Mieten erhöhen.

Kritik an hoher Staatsquote

Kritisiert wird auch die hohe finanzielle Belastung durch Steuern, Abgaben und staatliche Auflagen: „Wer in dieser Lage Wohnraum baut, geht bankrott – 37% staatlich bedingter Abgaben auf Wohnen sind nicht mehr zu stemmen", mahnt ZIA-Präsident Andreas Mattner. "Wir sind Europameister bei der Staatsquote und haben bei der Konjunktur die rote Laterne.“

Investitionsanreize gefordert

Die Immobilienweisen empfehlen zur Anregung der Investitionstätigkeit angebotspolitische Maßnahmen, die zugleich bei knappen öffentlichen Mitteln umsetzbar seien wie etwa die Entlastung bei der Grunderwerbs- und Grundsteuer. Beherztere Schritte seien erforderlich, um einen stärkeren Anreiz für Investitionen durch geringere Regulierungskosten zu schaffen, schreibt Feld: „Es ist die schiere Vielheit von regulatorischen Einzelmaßnahmen, die den deutschen Gulliver lähmt.” Besonders bei der energetischen Sanierung könnten Förderprogramme „zusätzliche Investitionsanreize setzen und dem Rückgang der Investitionstätigkeit entgegensteuern”. Positiv bewertet der ZIA das Förderprogramm für klimafreundlichen Neubau im Niedrigpreissegment (KNN), für das der Bund in diesem Jahr 1 Mrd. Euro zur Verfügung stellen will.

ZIA will größeren Sprung

Der Verband dringt aber auf einen größeren Schritt: Ein KfW-Programm, das die Marktzinsen auf 2% senke, brächte bei einer Fördersumme von 3 Mrd. Euro 100.000 zusätzliche Wohnungen. Bei 9 Mrd. wären es schon 300.000 neue Wohnungen – "die wichtige Wende für den Wohnungsmarkt". Ein temporärer Verzicht auf die Grunderwerbsteuer oder kommunale Abschöpfungen beim Wohnungsbau wären „der Superturbo“ – für den Wohnungsbau und die Ökonomie insgesamt, betonte ZIA-Chef Mattner. Denn Einnahme-Zuwächse über die Umsatzsteuer auf Bauleistungen und die Grundsteuer würden die Ausgaben mehr als ausgleichen. Zudem würde der drohende Abbau von Arbeitsplätzen bei Jobverlusten in der Bauwirtschaft den Staat über Transferkosten erheblich belasten.

Die von Bundesregierung und Bundestag gewünschten steuerlichen Anreize über die degressive AfA bezeichnete Mattner als unverzichtbar. "Vor der wichtigen Sitzung des Vermittlungsausschusses am morgigen Mittwoch zum Wachstumschancengesetz, und damit zur degressiven AfA, will ich es noch einmal ganz klar sagen: Die Lage ist zu ernst für politische Spielchen.“ Es brauche die steuerlichen Anreize für die Immobilienwirtschaft, wie sie im Wachstumschancengesetz vorgesehen sind. „Diese Frage mit Entlastungen beim Agrardiesel zu verknüpfen, ist unangebracht.“

"Rekordsumme" für sozialen Wohnungsbau

Bundesbauministerin Geywitz setzt darauf, dass der Wohnungsbau wieder anspringt, und verwies auf staatliche Förderungen. Zudem seien die Zinsen wieder gesunken, während sich bei Baumaterialien die Preise normalisiert hätten und die realen Einkommen steigen dürften. Der Bund investiere bis 2027 18 Mrd. Euro in den sozialen Wohnungsbau. "Das ist eine absolute Rekordsumme", zitiert Reuters die SPD-Politikerin.

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