In den Rückstau von Dover kommt Bewegung
hip/wü London/Paris – Die ersten Lastwagen haben am Mittwoch den ehemaligen Militärflughafen Manston verlassen, nachdem Frankreich die Grenze zu Großbritannien für Reisende mit einem negativen Coronavirus-Test wieder geöffnet hat. Rund 3 800 Lkw wurden dorthin umgeleitet, nachdem Paris wegen einer neuen Variante von Sars-CoV-2 alle Verkehrsverbindungen zum Vereinigten Königreich für Reisende und Gütertransporte ähnlich wie seine europäischen Nachbarn ohne Vorankündigung gekappt hatte. Die britische Armee und der National Health Service bemühen sich nun, möglichst viele Fahrer schnell zu testen. Frankreich will bei Frachtgut zudem stichprobenartig Tests durchführen.Es könne allerdings “ein paar Tage” dauern, bis der Rückstau abgearbeitet sei, sagte Robert Jenrick, der im Kabinett von Boris Johnson für die Themen Wohnungswesen, Gemeinde- und Lokalverwaltung verantwortlich zeichnet. Vor dem Hafen von Dover kam es am Dienstag zu Auseinandersetzungen zwischen Lkw-Fahrern, die Weihnachten nicht in ihren Fahrzeugen verbringen wollten, und der Polizei. Nach Angaben des Betreibers Getlink passierten bis Mittwochnachmittag rund 20 Lkw und 50 Lieferwagen den Ärmelkanaltunnel. Nach Angaben von Experten über- oder unterqueren üblicherweise in der Vorweihnachtszeit rund 10 000 Lastwagen pro Tag den Ärmelkanal.Dem britischen Einzelhandelsverband BRC zufolge stammen 30 % der in Großbritannien konsumierten Lebensmittel aus der EU. Dabei geht es vor allem um frisches Obst und Gemüse, insbesondere in der kalten Jahreszeit. Der Verbindung Calais-Dover kommt dabei entscheidende Bedeutung zu, ein Umstand, der dem britischen Außenminister Dominic Raab, wie er schon vor einiger Zeit zugeben musste, nicht so richtig bewusst war. Mittelfristig lassen sich spanische Orangen jedoch ebenso durch Zitrusfrüchte aus Florida ersetzen wie irisches Rindfleisch durch Steaks aus Brasilien und Argentinien. Kurzfristig schickte Lufthansa Cargo eine mit 80 Tonnen Obst und Gemüse beladene 777-Frachtmaschine von Frankfurt nach Großbritannien, um britische Supermärkte zu versorgen.Frankreich wiederum importiert vor allem Fisch und die besonders an Festtagen beliebten Meeresfrüchte aus Großbritannien. Trotz der 48-stündigen Schließung der Grenzen zum Vereinigten Königreich gebe es aber keinen Mangel an frischem Fisch und Meeresfrüchten, erklärte Stéphane Layani von Semmaris, dem Betreiber des Großmarktes Rungis. Französische Fischhändler beziehen rund 15 % ihrer Produkte aus Großbritannien.Die Fischereirechte waren einer der großen Knackpunkte bei den Brexit-Verhandlungen. Fischer aus Saint-Malo in der Bretagne fürchten, künftig nicht mehr vor der nur 70 Kilometer entfernten britischen Insel Jersey fischen zu dürfen. Rungis-Betreiber Semmaris wiederum macht nach eigenen Angaben jährlich einen Umsatz von 100 Mill. Euro mit den Briten.