In Spanien wird der politische Ton schärfer
Beerdigungen bieten gelegentlich einen versöhnlichen Rahmen, in dem Kontrahenten oder verfeindete Familienmitglieder ihre Differenzen für einen Moment vergessen und miteinander sprechen. An der Beisetzung der weltberühmten Sopransängerin Montserrat Caballé in ihrer Heimatstadt Barcelona am Montag nahmen auch führende Vertreter der Politik teil, etwa Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez und der katalanische Regierungschef Quim Torra. Nach Auskunft beider Seiten kam es auf der Trauerfeier nur zu einem kurzen Gruß, ohne dass über Politik gesprochen wurde.Das ist einerseits verständlich aus Respekt vor der Verstorbenen, einer der größten Persönlichkeiten der jüngeren spanischen und katalanischen Kulturgeschichte. Anderseits ist es jedoch schade, dass die beiden eine Gelegenheit verpasst haben, um sich endlich wieder direkt auszutauschen. Denn der Ton zwischen Madrid und Barcelona, der nach der Machtübernahme der Sozialisten durch das Misstrauensvotum gegen Mariano Rajoy im Juni zunächst etwas besser geworden war, ist zuletzt wieder rauer geworden. Torra, der sich als reiner Statthalter für den früheren, vor der Justiz nach Belgien geflohenen Ministerpräsidenten Kataloniens Carles Puigdemont hält, stellte Sánchez vergangene Woche ein Ultimatum: Sollte die spanische Regierung bis November keine Zugeständnisse bezüglich des von den Separatisten geforderten Unabhängigkeitsreferendums machen, werden deren Abgeordnete im Parlament von Madrid den Sozialisten die Gefolgschaft verweigern. Damit hätte Sánchez so gut wie keine Aussichten mehr, seinen Haushalt für 2019 durchzubringen, zumal sich auch die Linkskoalition Unidos Podemos derzeit noch sträubt.Doch Torra hat sich mit seiner Drohung möglicherweise zu weit aus dem Fenster gelehnt. Selbst im Lager der Separatisten lehnen viele das Ultimatum an Madrid ab und fordern einen gelasseneren Tonfall. Generell wird der Riss zwischen den verschiedenen Lagern des Separatismus in Katalonien immer größer. Am Dienstag kam es zwischen den beiden wichtigsten Parteien, den Republikanern der ERC und Puigdemonts Plattform Junts per Catalunya, zum offenen Bruch wegen eines konfusen Streits über die Stimmrechte der Abgeordneten, die in Haft sitzen oder ins Ausland geflohen sind. Die katalanische Regierung war darum bemüht, die Wogen zu glätten und versicherte, dass es keine vorgezogenen Neuwahlen geben werde. Doch diese Möglichkeit rückt näher. *In Andalusien wird es dagegen mit Sicherheit vorgezogene Neuwahlen geben, nachdem die Ministerpräsidentin Susana Díaz am Montag das Parlament aufgelöst hat. Die Wahl im mit acht Millionen Menschen einwohnerstärksten Landesteil Spaniens ist der erste große Test für Sánchez nach dessen Sprung an die Regierungsspitze. Andalusien ist die Hochburg der Sozialisten, die im Süden seit dem Ende der Franco-Diktatur an der Macht sind. Das Ergebnis vom 2. Dezember dürfte auch bei den Überlegungen über vorgezogene Neuwahlen auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle spielen. Den Haushalt könnte Sánchez notfalls um ein Jahr verlängern, sollte er keine Mehrheit zustande bekommen. Doch in Madrid rechnet derzeit niemand damit, dass die Regierung bis zum Ende der Legislaturperiode im Sommer 2020 durchhält. *In Spaniens Politik hat sich ein Generationenwechsel vollzogen und auch in der Wirtschaft ändern sich die Gesichter. Mit dem BBVA-Vorsitzenden Francisco González tritt zum Jahresende einer der einflussreichsten Manager zurück. Der 75-Jährige wurde 1996 von der damaligen Konservativen Regierung von José María Aznar an die Spitze der staatlichen Argentaria befördert, die er dann privatisierte und mit BBV verschmolz. González ist der letzte Manager, der seinen Job ursprünglich Aznar verdankte. 2017 war César Alierta nach 17 Jahren vom Vorsitz bei Telefónica zurückgetreten. Im Gegensatz zu González und Alierta halten sich deren Nachfolger, Carlos Torres Vila und José María Alvarez-Pallete, lieber aus politischen Debatten heraus. Bislang zumindest.