Indische Zentralbank überrascht die Märkte

Notenbank hebt Leitzins trotz Rupien-Verfall nicht an

Indische Zentralbank überrascht die Märkte

jw Frankfurt – Die indische Rupie hat in diesem Jahr gegenüber dem Dollar rund 14 % an Wert verloren und gehört damit zu den am schlechtesten abschneidenden Währungen der Welt. Trotzdem hat sich die Reserve Bank of India (RBI) am Freitag mit einem 5:1-Votum dazu entschieden, den Leitzins bei 6,25 % unverändert zu lassen – eine Entscheidung, die eher von inländischen Liquiditätsengpässen und Sorgen um die Finanzstabilität statt von der Währungsschwäche beeinflusst wurde. Analysten waren von der Entscheidung sichtlich überrascht gewesen, da sie dachten, die RBI würde die Rupie in einer vorbeugenden Maßnahme unterstützen, um zukünftigen Inflationsdruck einzudämmen. Zwar befindet sich die Teuerung mit 3,7 % noch innerhalb des Inflationsziels der Notenbank, doch steigende Ölpreise und eine abstürzende Währung, welche die Importe verteuern, schüren immer mehr Sorgen, dass die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der Welt auf eine Verlangsamung hinsteuert. Experten sehen nun die Regierung in der Verantwortung, für substanziellere Währungsstabilisierungsmaßnahmen zu sorgen. Sie hat zwar bereits ausländischen Investoren den Kauf von Rupien-Anleihen indischer Unternehmen erleichtert und die Zölle auf importierte Güter wie Waschmaschinen und Diamanten erhöht, um den Geldfluss aus dem Land zu reduzieren – jedoch ohne Erfolg. Es dürfte vor allem die Krise in Indiens Schattenbankensystem und die Fast-Pleite der Infrastrukturfinanzierungsgesellschaft IL&FS gewesen sein, die die RBI zu ihrer Leitzinsentscheidung geführt hat. Die Firma verpasste mehrere Schuldenrückzahlungen und löste so eine Reihe von Insolvenzen und Ratingherabstufungen aus. Reuters zufolge gibt es in Indien mehr als 11 400 Schattenbanken mit einer Bilanzsumme von 304 Mrd. Dollar – Tendenz steigend. Eine Anhebung der Zinsen würde es den Unternehmen erschweren, ihre Schulden zurückzuzahlen, und die Kreditvergabe verringern – was den Finanzsektor weiter treffen würde.Zudem könnten Indien bald Sanktionen der USA drohen. Moskau und Neu-Delhi unterzeichneten am Freitag einen Raketenvertrag über 5 Mrd. Dollar. Erst vergangenen Monat verhängte die US-Regierung Sanktionen gegen China wegen eines ähnlichen Verteidigungspaktes.