Industrie befürchtet erneut Schäden in Millionenhöhe
Von Alexandra Baude, FrankfurtProduktionsausfälle und Schäden für die Industrie in Millionenhöhe, zerstörtes Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Bahn und ein Land in Geiselhaft einer Spartengewerkschaft, von den Auswirkungen auf die täglich mehr als 6 Millionen Berufspendler ganz zu schweigen – so lassen sich die vergangenen sechs Arbeitskämpfe der Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer (GDL) zusammenfassen. Seit heute Nacht um 2 Uhr – so war es zumindest angekündigt – stehen die Räder der Personenzüge erneut größtenteils still, seit gestern 15 Uhr soll nur mehr etwa die Hälfte der Güterzüge rollen.GDL-Chef Claus Weselsky wirft der Bahn eine Hinhaltetaktik und mangelnden Einigungswillen vor: “Auch nach 16 Tarifrunden fehlen immer noch Ergebnisse in zentralen Fragen.” Bahn-Personalchef Ulrich Weber widerspricht – bislang sei es nur um die Struktur des künftigen Tarifgefüges, aber noch nicht “um das Wesentliche für die Kolleginnen und Kollegen da draußen” gegangen, wie ihn die Nachrichtenagentur dpa-afx zitiert.Die Industrie fürchtet erneut Kosten in Millionenhöhe durch den siebten Streik seit Beginn der Tarifverhandlungen im Sommer vergangenen Jahres. Die GDL habe das ganze Land in Beschlag genommen, handele verantwortungslos und habe jedes Augenmaß verloren, sagte Dieter Schweer, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Streikbedingte Schäden könnten von einstelligen Millionenbeträgen schnell auf bis zu 100 Mill. Euro Schaden pro Tag wachsen. “Die GDL sägt an dem Ast, auf dem sie sitzt”, konstatiert Gerhard Handke, Hauptgeschäftsführer des Außenhandelsverbandes BGA. Eine kleine Gruppe versuche wieder einmal, Partikularinteressen auf dem Rücken von Wirtschaft und Bevölkerung durchzusetzen. Auch der BGA befürchtet erhebliche Einbußen. Besonders stark von den Streiks betroffen sind der Chemiehandel, die Automobilindustrie und die Stahlindustrie, die schon bei den Lokführerstreiks im November Verluste in zweistelliger Millionenhöhe erlitten hatte. Alexander Schumann, Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, nannte den drohenden Bahnstreik “Gift für den Standort Deutschland”. Da 16 % des Güterverkehrs auf die Schiene entfielen, drohten bereits nach wenigen Tagen Produktionsstörungen, denn Bahntransporte könnten oft nicht kurzfristig auf Straßen oder Schiffe verlagert werden. Bahnfahrer können immerhin noch auf Fernbusse ausweichen. Die Branche zumindest freut sich schon auf diesen und weitere Streiks.