Industrie schafft unerwartetes Plus
ba Frankfurt
Die deutsche Industrie hat im Februar unerwartet die Produktion ausgeweitet. Das Statistische Bundesamt (Destatis) vermeldete für Industrie, Bau und Energieerzeuger einen 0,2% höheren Output im Monatsvergleich. Ökonomen hatten mit einem Minus in etwa dieser Höhe gerechnet, insbesondere nachdem der am Mittwoch vermeldete Auftragseingang enttäuscht hatte – die Neubestellungen sind um 2,2% gesunken.
Da in den Daten allerdings „praktisch noch kein Effekt der russischen Invasion der Ukraine enthalten ist“, wie das Bundeswirtschaftsministerium einschränkt, werden für die kommenden Monate kräftigere Rückgänge erwartet. „Seit Kriegsbeginn hat sich die Unsicherheit über den weiteren konjunkturellen Verlauf massiv erhöht“, erklärte das Wirtschaftsministerium. „Es ist davon auszugehen, dass der Krieg die Erholung der Industriekonjunktur zunächst bremsen wird.“ Zudem verschärfen erneute Lockdowns nach den steigenden Coronazahlen in China die Lieferkettenprobleme.
Dass das produzierende Gewerbe im Februar nur geringfügig mehr produziert hat als im Januar, ist Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen zufolge „vor dem Hintergrund der kräftigen Zuwächse in den Vormonaten zu sehen“. Allerdings wurde der für Januar zunächst gemeldete Anstieg von 2,7% zum Vormonat kräftig auf +1,4% nach unten revidiert. Dennoch „zeichnet sich für das erste Quartal weiter ein deutliches Plus bei der Produktion ab“, erwartet Solveen.
Produktionslücke bleibt
Die Produktionslücke von 3,8% im Vergleich zum Februar 2020, dem Monat vor dem Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in Deutschland, führen die Wiesbadener Statistiker „auf die anhaltende Knappheit an Vorprodukten“ zurück, „durch die viele Unternehmen Probleme haben, eingehende Aufträge abzuarbeiten“. Daher ist auch der Auftragsstau so hoch wie nie seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2015: Bei gleichbleibendem Umsatz und ohne Neubestellungen benötigte die Industrie 7,8 Monate, um die bereits vorliegenden Aufträge abzuarbeiten. Die fehlenden Kabelbäume für die Automobilproduktion, die aus der Ukraine kommen, machen sich bereits in den Zahlen bemerkbar: Laut den Zahlen des Automobilverbandes VDA ging die Fahrzeugproduktion im März deutlich zurück. Für Februar vermeldet das Wirtschaftsministerium einen Fertigungsrückgang von 1,3% im Bereich Kfz und Kfz-Teile.
Wie sehr sich der Materialmangel verschärft hat, zeigt die entsprechende monatliche Ifo-Umfrage: So klagten im März 90,1% der Unternehmen aus der Automobilindustrie über Lieferprobleme – im gesamten verarbeitenden Gewerbe waren es 80,2%. Im Februar hatten noch 74,6% der Befragten über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen berichtet. „Die Attacke auf die Ukraine hat die Lage für viele Unternehmen nochmals verschlechtert“, erklärte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.
Dass im Februar 2% weniger Investitionsgüter hergestellt wurden als im Vormonat, liegt ebenfalls an fehlenden Rohstoffen und Vorprodukten. Die Produktion von Vorleistungsgütern legte um 0,5% zu. Der Anstieg der Gesamtproduktion beruht vor allem auf dem höheren Ausstoß von 4,4% bei den Konsumgütern. „Der Zuwachs der Industrieproduktion übertüncht also die auch im Februar vorhandenen Materialknappheiten“, betonte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank.
Wind bringt Energieschub
Getragen wurde das Produktionsplus von der deutlichen Expansion in der Energiewirtschaft (+4,9%). Sie hob „das Gesamtergebnis des stürmischen Februars von einer besonders starken Stromerzeugung aus Windenergie an“, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Das Baugewerbe (−0,7%) wie auch die Industrie im engeren Sinne (+0,1%) entwickelten sich hingegen „schwach“. Das Bundeswirtschaftsministerium hob zudem das kräftige Plus der pharmazeutischen Produktion von 15,6% hervor. „Hier dürfte sich die wieder gesteigerte Impfstoffherstellung ausgewirkt haben“. Im Maschinenbau nahm die Produktion merklich ab (−2,1%). Im Februar hatten die Maschinenbauer 11% mehr Aufträge als im Vorjahr eingesammelt.