Industrieproduktion sinkt unerwartet stark
ba Frankfurt
Die Daten zur Industrieproduktion vollenden einen fast komplett unerfreulich ausgefallenen Zahlenkranz für März. Laut dem Statistischen Bundesamt haben Industrie, Bau und Energieerzeuger zusammen preis-, saison- und kalenderbereinigt 3,9% weniger hergestellt als im Vormonat. „Einen stärkeren Rückgang hatte es zuletzt zu Beginn der Coronakrise im April 2020 gegeben“, erklärten die Wiesbadener Statistiker. Damals war die Produktion im Monatsvergleich um 18,1% eingebrochen. Ökonomen hatten den Rückschlag im ersten vollen Monat nach Beginn des Ukraine-Krieges zwar erwartet, allerdings nur ein Minus von 1,0% prognostiziert nach dem Plus von 0,1% im Februar.
In den vergangenen Tagen hatten die Wiesbadener Statistiker deutliche Rückschläge beim Auftragseingang und bei den Exporten vermeldet, einzig die Einzelhandelsumsätze gaben nur minimal nach. Während die hohe Inflation an der Kaufkraft der Verbraucher nagt und dort die Stimmung dämpft, leidet die stark exportorientierte Industrie nicht nur unter hohen Energie- und Rohstoffpreisen sowie der Unsicherheit wegen des Ukraine-Kriegs, sondern auch unter dem erneuten Lieferkettenstress wegen der strikten Coronapolitik in China. Trotz voller Auftragsbücher wird die Industrie wohl weiter eine Belastung für das Wirtschaftswachstum sein, was auch die gut laufenden Geschäfte der Dienstleister nicht ausgleichen werden können – zumal deren Nach-Corona-Erholung sich bereits wieder abschwächt. Und eine kurzfristige Besserung dieser Gemengelage ist derzeit nicht in Sicht.
Allein das Baugewerbe weitete im März die Produktion aus – um 1,1%. Im April allerdings ist hier die Stimmung auf das niedrigste Niveau seit knapp zwölf Jahren abgestürzt. Die Energieerzeugung brach um 11,4% ein. „Hier haben die hohen Preise zu einem deutlichen Rückgang der Nachfrage geführt“, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Dass die Industrie im engeren Sinne den Ausstoß um 4,6% zurückfuhr, liegt an den Produktionsrückgängen in den wichtigen Bereichen Kfz (−14,0%) und Maschinenbau (−5,3%). „Generell machen die hohen Preise für Strom, Gas und Öl viele Produktionsprozesse kurzfristig teurer“, betonte das Wirtschaftsministerium und führt als Beispiel die energieintensiven Bereiche „Glas, Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden“ (−6,7%) und „Metallerzeugung und -bearbeitung“ (−5,2%) an. Das Ministerium wertete den Produktionsrückgang nach fünf Anstiegen in Folge als „herben Dämpfer“. Deutschland als exportorientiertes Land sei überproportional von den Handelssanktionen gegen Russland betroffen. Es seien aber auch wichtige Inputs im Produktionsprozess durch den Ukraine-Krieg knapp geworden – wie etwa Kabelbäume für den Kfz-Bereich.