Inflation überschattet US-Erholung
det Washington
Während sich die Erholung der US-Wirtschaft mit stetem Tempo fortsetzt, liefert der fortdauernde Anstieg der Einfuhrpreise einen weiteren Hinweis für zunehmenden Inflationsdruck. Nach Angaben des Arbeitsministeriums verteuerten sich Einfuhren im April um 0,7% zum März und um 10,6% zum Vorjahr. Dies ist die höchste Jahresrate seit Oktober 2011. Auch bei Lebensmitteln, Autos und Investitionsgütern legten die Importpreise zu. Die Exportpreise kletterten um 0,8% im Monatsvergleich und gegenüber April 2020 um 14,4%.
Der Aufschwung im Einzelhandel hat im April an Dynamik eingebüßt. Die Umsätze waren zuvor von den Direktzahlungen beflügelt worden, die Teil des im März verabschiedeten Konjunkturpakets waren. Laut Handelsministerium blieben die saisonbereinigten Umsätze gegenüber dem Vormonat unverändert. Ökonomen hatten ein Plus von 0,1% erwartet. Im März waren die Erlöse um 10,7% gestiegen. Ohne Berücksichtigung von Autos, Autoteilen und Benzin gaben die Verkaufszahlen im April leicht nach. Gleichwohl bleibt der allgemeine Aufwärtstrend ungebrochen. Im Vorjahresvergleich legten die Umsätze nämlich um 51,2% zu.
Wie die US-Notenbank berichtete, nahm die Industrieproduktion im April um 0,7% zu. Im März hatten Industrieunternehmen ihre Fertigung um 2,4% ausgeweitet. Für das verarbeitende Gewerbe ermittelte die Fed einen Anstieg um 0,4%. Negativ schlug die Fertigung bei Autoherstellern zu Buche, die wegen der Halbleiterknappheit ihre Produktion gedrosselt hatten. Positiv wirkte sich hingegen aus, dass im Süden und mittleren Westen der USA viele Fabriken, die auch im März als Folge der Winterstürme noch brachgelegen hatten, wieder den Betrieb aufnehmen konnten. Positiv hoben Ökonomen auch hervor, dass die Industrieproduktion im Vorjahresvergleich um 16,5% zulegte.
Kritik an optimistischer Fed
Die steigende Teuerungsrate schlägt mittlerweile auch auf die Stimmung der Konsumenten durch. So gab der Index der Verbraucherstimmung der University of Michigan laut erster Lesung im Mai um 6,2% auf 82,8 Punkte nach. Nach Angaben des zuständigen Chefökonomen Richard Curtin „stiegen die Inflationserwartungen der Verbraucher auf den höchsten Stand seit zehn Jahren“ und wecken Ängste vor einer Erosion der Realeinkommen. Dennoch sei damit zu rechnen, dass Konsumenten wegen des Nachholbedarfs als Folge der Corona-Pandemie und der hohen Ersparnisbildung ihre Ausgaben weiter hochschrauben werden, sagte Curtin.
Der frühere US-Finanzminister Lawrence Summers, der schon mehrfach vor einer Überhitzung der Konjunktur gewarnt hatte, sagte im Bloomberg-Interview, dass „die Fed offenbar von einem sehr günstigen Szenario ausgeht, auf das wir uns aber nicht verlassen können“. Zuvor hatte Christopher Waller, der dem Offenmarktausschuss (FOMC) der Notenbank angehört, betont, dass die höhere Inflation für temporär gehalten wird. Er räumte ein, dass der Anstieg der Verbraucherpreise, die im April im Vorjahresvergleich um 4,2% anzogen, ungewöhnlich stark war. Gleichwohl „müssen wir abwarten und sehen, ob der Preisdruck in den kommenden Monaten anhält“, ehe die Fed daran denke, Änderungen in der Geldpolitik vorzunehmen, sagte Waller.