Lebensmittelpreise

Inflation verdirbt Franzosen Lust auf gutes Essen

Weil die Preise von Lebensmitteln in Frankreich stärker gestiegen sind als die Inflation, kaufen Franzosen inzwischen weniger teure Produkte ein. Bisher hat die Regierung Einzelhändler und Nahrungsmittelhersteller umsonst gedrängt, die Preise zu senken.

Inflation verdirbt Franzosen Lust auf gutes Essen

Inflation

Teuerung verdirbt Franzosen Lust auf gutes Essen

Inflation schwächt sich ab – Preisanstieg bei Nahrungsmitteln deutlich höher – Verbraucher ziehen Konsequenzen

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Gesche Wüpper, Paris

Die Inflation in Frankreich hat sich im Juli weiter abgeschwächt. Nach europäischer Rechnung (HVPI) war das Preisniveau 5,1% höher als vor einem Jahr, teilte das Statistikamt Insee mit. Damit fällt die Teuerungsrate niedriger als in Deutschland und Italien aus. Der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone ist es vor allem dank der Deckelung von Energiepreisen gelungen, die Inflation insgesamt zu bremsen. Das gilt allerdings nicht für die im Vergleich zu Nachbarländern ohnehin hohen Lebensmittelpreise. Sie sind seit dem Schlussquartal 2021 bis Ende des ersten Halbjahres um 18,4% gestiegen. Ein von “Le Monde” Ende 2021 erstmals zusammengestellter Warenkorb mit Nahrungsmitteln hat sich seitdem sogar um fast 23% verteuert.

Das bleibt nicht ohne Folgen. Ausgerechnet französische Verbraucher, die traditionell viel Wert auf gutes Essen legen, halten sich mittlerweile beim Einkaufen zurück. Sie kaufen weniger Fisch und Fleisch, Torten, Eis sowie teure Bio- und Markenprodukte, dafür mehr Angebote und günstigere Eigenmarken. Einige Haushalte lassen inzwischen sogar bewusst eine Mahlzeit ausfallen. In der Folge sind die Lebensmittelverkäufe in Frankreich Ende des ersten Halbjahres im Vergleich zum vierten Quartal 2021 vom Volumen her um 11,4% eingebrochen. „Dieser Einbruch des Lebensmittelkonsums ist ein Präzedenzfall, seit Insee die Daten seit 1980 zusammenträgt“, urteilte Ökonom François Geerolf vom unabhängigen Wirtschaftsforschungsinstitut Observatoire français des conjonctures économiques (OFCE) auf X (vormals Twitter).

Regierung geht gegen Lebensmittelinflation vor

Die Inflation der Lebensmittelpreise schwächt sich inzwischen zwar ebenfalls ab, doch längst nicht so deutlich, wie es sich Wirtschaftsminister Bruno Le Maire wünscht. Im Juli lag das Preisniveau von Nahrungsmitteln laut Insee 15% über dem ein Jahr zuvor. Die Regierung habe die Nahrungsmittelindustrie bereits aufgefordert, die erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, damit die Preise sinken, erklärte Le Maire kürzlich. Sie werde auch den Einzelhandel darum bitten.

Le Maire trifft sich regelmäßig mit Vertretern der Lebensmittelindustrie und der Einzelhändler, um auf Preissenkungen zu dringen. Beide Branchen werfen sich gegenseitig vor, das Spiel nicht mitzuspielen. Die nächsten Verhandlungen zwischen ihnen über die Preispolitik beginnen Ende des Jahres. Der Höhepunkt der Inflation bei Lebensmitteln sei überschritten, meint Dominique Schelcher, der Verwaltungsratsvorsitzende der Einzelhandelsgruppe Système U. Da die Rohstoffpreise jedoch hoch blieben und die Gehälter gestiegen seien, sei eine Rückkehr zu den Vorkrisenpreisen nicht möglich.

Ein von Präsident Emmanuel Macron bereits während der Coronakrise 2021 versprochener Lebensmittelscheck für untere Einkommensgruppen musste immer wieder verschoben werden. Er wird nun auf regionaler Ebene getestet. Französische Einzelhandelsgruppen beteiligen sich zudem an der von der Regierung initiierten Aktion „Anti-Inflations-Quartal“ mit speziellen Sonderangeboten, die gerade bis Ende des Jahres verlängert wurde.

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