Inflationserwartungen der Verbraucher steigen deutlich
Inflationserwartungen in Euroland ziehen deutlich an
Neue EZB-Umfrage schürt Sorgen vor Verfestigung der Inflation – Lagarde: Der Kampf ist noch nicht vorbei
ms Frankfurt
Trotz des deutlichen Rückgangs der Inflation im Euroraum seit Herbst haben die Inflationserwartungen der Verbraucher im März auf ohnehin hohem Niveau noch einmal deutlich angezogen. Das zeigt der neue, am Donnerstag veröffentlichte Consumer Expectations Survey (CES) der Europäischen Zentralbank (EZB). Das dürfte die Sorgen vieler Euro-Notenbanker vor einer weiteren Verfestigung der zu hohen Inflation verstärken und den Hardlinern im EZB-Rat Argumente liefern für ihre Forderung nach weiteren deutlichen Zinserhöhungen – womöglich auch über Juli hinaus. Die Notenbanker ringen aktuell auf offener Bühne über den weiteren Kurs.
Die Inflationserwartungen stehen derzeit mit Blick auf die Lohnentwicklung und die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik im besonderen Fokus der EZB. Die Inflation im Euroraum hat zwar deutlich von 10,6% im Oktober auf 7,0% im April nachgegeben. Sie liegt damit aber immer noch deutlich oberhalb des mittelfristigen EZB-Zielwerts von 2,0%. Hinzu kommt, dass sich die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel bislang kaum abschwächt und zuletzt bei 5,6% lag. Der EZB-Rat hatte vergangene Woche seine Leitzinsen erneut erhöht, das Tempo aber auf 25 Basispunkte gedrosselt.
Am Donnerstag nun zeigte der CES, dass die Verbraucher im März wieder deutlich mehr Inflation erwarteten. Auf Zwölf-Monats-Sicht wurde in der EZB-Umfrage im Median ein Preisanstieg von 5% erwartet. Im Februar hatten die Verbraucher noch mit 4,6% Teuerung gerechnet. Für die kommenden drei Jahre wuchs die Inflationserwartung auf 2,9% – nach 2,4% im Vormonat. Im Mittelwert legten die Erwartungen auf Sicht von zwölf Monaten von 5,8% auf 6,3% zu und auf Sicht von drei Jahren von 3,9% auf 4,3%.
„Die Inflation war zu hoch und für zu lange“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag dem japanischen Fernsehsender NHK am Rande des Treffens der G7-Finanzminister und -Notenbankchefs im japanischen Niigata. „Die EZB ist auf dem Weg, die Inflation zu bekämpfen, und der Kampf ist noch nicht vorbei, und er wird erst vorbei sein, wenn wir genügend Vertrauen haben, dass wir mittelfristig das 2-Prozent-Ziel erreichen werden.“ Lagarde hatte nach der jüngsten Zinserhöhung weitere Schritte angedeutet, sich aber zu Zeitpunkt und Ausmaß bedeckt gehalten.
Vor allem die Hardliner („Falken“) im EZB-Rat haben nun in den vergangenen Tagen betont, dass die Leitzinsen womöglich noch deutlich steigen müssen – auch über das hinaus, was derzeit die meisten Marktteilnehmer und Volkswirte erwarten. Diese setzen darauf, dass die Zinsen noch zweimal im Juni und Juli um jeweils 25 Basispunkte steigen. Der wichtige Einlagenzins läge dann bei 3,75%. Vor allem die „Falken“, aber auch andere haben Zweifel, ob das ausreicht. Deshalb rückt immer stärker schon die September-Sitzung des EZB-Rats in den Fokus. Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte dazu in Niigata im Gespräch mit Bloomberg TV: „Nichts ist ausgeschlossen.“