Inflationsimpuls schwer zu beziffern

Die Bundesbank spürt den realwirtschaftlichen Effekten der Anleihekäufe nach

Inflationsimpuls schwer zu beziffern

lz Frankfurt – Die Deutsche Bundesbank hat die Europäische Zentralbank (EZB) vor den immer größeren und sich verfestigenden Nebenwirkungen ihrer Anleihekäufe gewarnt. Die Volkswirte gestehen zwar zu, dass die Käufe zinssenkende und inflationssteigernde Wirkung haben und das Wirtschaftswachstum stimulieren können, doch ist das Ausmaß kaum abzuschätzen, geben sie im aktuellen Monatsbericht zu bedenken. Mittelbar werden zudem Zweifel geäußert, ob die mit der quantitativen Lockerung (QE) verbundenen positiven Effekte dann tatsächlich so groß sind, dass man die damit verbundenen schädlichen Nebenwirkungen noch akzeptieren könnte.Den Modellberechnungen der Bundesbank zufolge dürfte die Teuerung in den Jahren 2016 bis 2018 durch die im Dezember 2015 beschlossene Erweiterung des Anleihekaufprogramms um 0,1 bis 1,0 Prozentpunkte pro Jahr höher liegen als ohne diese Maßnahme. Die große Bandbreite, die von “nahezu wirkungslos” bis “überaus effektiv” reicht, rührt daher, dass die auf Zinsen, Inflation und Wachstum einwirkenden Einflüsse weder zugeordnet noch seriös herausgerechnet werden können. Zudem ist nicht klar, inwieweit es durch die Finanzkrise zu einem Strukturbruch gekommen ist, der die ökonomischen Wirkungszusammenhänge insgesamt verändert hat. Ebenso sei kaum fassbar, inwieweit die ausgeprägte Unsicherheit bei Investoren und Konsumenten dazu geführt hat, dass sie “im gegenwärtigen Umfeld vergleichsweise schwach auf die geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems reagieren”, führt die Bundesbank an. Inflationsziel in weiter FerneDas Ziel, mittelfristig eine Teuerung von unter, aber nahe 2 % zu erreichen, ist bislang nicht in Sicht. Vielmehr wurden bis in die jüngste Vergangenheit die Prognosen immer wieder nach unten angepasst. Dies hat zu den umstrittenen unkonventionellen Maßnahmen der EZB geführt, wozu auch die Anleihekäufe gehören.Schon im Juni 2014 wurde die Einführung gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (GLRG) vom EZB-Rat beschlossen. Im September 2014 gab es dann zwei weitere Ankaufprogramme: für forderungsbesicherte Wertpapiere (Asset-Backed Securities Purchase Programme/ABSPP) und für gedeckte Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme/CBPP3). Im Januar kündigte die EZB schließlich die Einführung des erweiterten Kaufprogramms für Vermögenswerte (expanded Asset Purchase Programme/APP) an.Letzteres markiert quasi den Beginn von QE, weil es neben den bereits zuvor eingeführten Ankaufprogrammen auch den umfassenden Erwerb von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme/PSPP) beinhaltete – zunächst auf 60 Mrd. Euro beschränkt bis Ende September 2016, dann im Dezember 2015 verlängert bis März 2017 und im März 2016 mit einem höheren monatlichen Ankaufvolumen von 80 Mrd. Euro erweitert und um den Ankauf auch von Unternehmensanleihen ergänzt.Der Ankauf von Wertpapieren durch die Notenbank ist darauf ausgerichtet, über verschiedene Kanäle die Zinsen zu senken und Anreize für Banken, Unternehmen und Konsumenten zu setzen, damit sie mehr Kredite vergeben, mehr Investitionen tätigen und mehr konsumieren. Da direkt in die Preissetzung des Marktes eingegriffen wird und Risikoeinschätzungen verändert werden (aus der Not heraus oder verführt durch niedrige Zinsen), sind damit auch eine Reihe von Nebenwirkungen verbunden. Die Bundesbank führt die gesunkene Konsolidierungsbereitschaft der Politik an, warnt vor einem Druck auf die Ertragsmarge der Banken, was wiederum die Finanzstabilität gefährdet, und redet den anderen Notenbankern ins Gewissen, dass mit der Verzerrung der Preise und der höheren Risikoneigung auch die Gefahr einer neuer Finanzkrise steigt. Rückwirkung auf GeldpolitikDiese Nebenwirkungen, so heißt es mahnend im Monatsbericht, könnten zudem auf die Fähigkeit der Geldpolitik zurückwirken, Geldwertstabilität zu sichern. Die Geldpolitik sollte diese Effekte ihrer Politik “daher nicht aus dem Blick verlieren”, raten die Bundesbanker. Denn die mit einer sehr expansiv ausgerichteten Geldpolitik verbundenen Nebenwirkungen “dürften zunehmen, je länger diese andauert”.