Deutschland

Inflationssorgen trotz spürbarem Rückgang der Teuerung

Am Donnerstag entscheidet die EZB über den weiteren Zinskurs. Kurz davor gibt es aus Deutschland gemischte Signale: Die Inflation lässt spürbar nach, allerdings auf hohem Niveau. Und die Bürger sorgen sich zunehmend.

Inflationssorgen trotz spürbarem Rückgang der Teuerung

Inflationssorgen trotz spürbarem Rückgang der Teuerung

Inflation in Deutschland im Mai bei 6,3 Prozent – Kernrate geht merklich zurück – Verbraucher schränken sich zunehmend ein

ms Frankfurt

Die Inflation in Deutschland ist im Mai auf weiter sehr hohem Niveau deutlich zurückgegangen. und auch der zugrunde liegende Preisdruck hat merklich nachgelassen. Gleichwohl bleibt die Belastung für die Menschen hoch, nicht zuletzt bei den Lebensmittelpreisen, und Verbraucherschützer warnen vor anhaltenden Nöten durch die hohe Teuerung. Das belegen neuen Daten und Aussagen, die am Dienstag kurz vor der nächsten EZB-Zinsentscheidung am Donnerstag bekannt wurden.

Die Inflation in Deutschland war in den Jahren 2021 und 2022 überraschend rasant und teilweise auf den höchsten Stand seit rund 40 Jahren geklettert. Hintergrund waren unter anderem die Folgen der Pandemie und der Ukraine-Krieg. Seit Herbst geht die Teuerung deutlich zurück. Jetzt tobt eine Debatte über die Konsequenzen für die Geld- und Fiskalpolitik. Die Europäische Zentralbank (EZB) ringt um die Frage, wie weit die Leitzinsen noch erhöht werden sollen. An die Fiskalpolitik gibt es Forderungen, die Ausgaben zu kürzen, um die Teuerung nicht weiter anzuheizen. Zugleich steckt die Wirtschaft aber in einer Rezession.

Im Mai ging die Teuerung nun wie bereits in einer ersten Schätzung vermutet spürbar zurück. Nach EU-harmonisierter Rechnung (HVPI) sank die Rate von 7,6% auf 6,3%, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. In nationaler Rechnung (VPI) ging die Rate von 7,2% auf 6,1% zurück. Beide Werte liegen deutlich oberhalb der 2,0%, die die EZB als mit Preisstabilität vereinbar betrachtet. Während der Preisauftrieb bei Energie nachließ, blieben die Nahrungsmittelpreise „der stärkste Preistreiber“, wie auch Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, betonte. Die Preise für Nahrungsmittel erhöhten sich gegenüber dem Vorjahresmonat um 14,9%.

Die Inflationsrate ohne Berücksichtigung von Energie und Nahrungsmitteln lag laut Destatis im Mai bei 5,4%. Das ist ein spürbarer Rückgang gegenüber den 5,8% im März und April. Volkswirte hatten nach der Erstschätzung bereits mit einem Rückgang der Kernrate gerechnet; einen offiziellen Wert gab es damals noch nicht. Der Rückgang gilt als positives Zeichen, weil die Kernrate als besserer Gradmesser für den zugrunde liegenden Preisdruck angesehen wird. Auch die EZB hat diesen Indikator zuletzt stark in den Fokus gerückt. Gleichwohl verharrt auch dieser Wert deutlich oberhalb des 2-Prozent-Inflationsziels.

Verbraucherschützer warnen denn auch vor anhaltenden Schwierigkeiten für viele Bürger wegen der hohen Preise. „Die Verbraucherkrise ist noch lange nicht vorbei“, sagte die Chefin des Bundesverbandes (VZBV), Ramona Pop, der Deutschen Presse-Agentur. „Finanzielle Sorgen zwingen die Menschen, in allen Bereichen des Alltags zu sparen: vom Energieverbrauch bis zum Reisen.“ Laut einer Umfrage im Auftrag des Verbands schränken sich aktuell 44% der Bundesbürger nach eigenen Angaben auch beim Kauf von Lebensmitteln ein. Im vergangenen Jahr waren es in der Umfrage 35%. Beim Energieverbrauch sparen demnach nach eigenem Bekunden nun 76% – nach 78% vor einem Jahr. Besuche in Bars und Restaurants nannten 61%, nach 53% im Vorjahr. Bei Urlaub und Reisen sparen 56%. Im Vorjahr waren es da 50%.

Fiskalpolitik im Dilemma

Pop forderte, die Bundesregierung müsse dringend nachsteuern und für mehr finanzielle Sicherheit sorgen. Dabei seien nicht alle gleichermaßen von der Krise betroffen. Allerdings gilt auch die sehr expansive Fiskalpolitik der Bundesregierung als ein Treiber der Inflation in Deutschland und im Euroraum. Auch die EZB dringt auf eine weniger expansive Fiskalpolitik im Euroraum.

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