Inselstreit lässt Handelsbeziehungen knistern

Erste Anzeichen für Eintrübung des sino-japanischen Wirtschaftsverkehrs - Reisebranche spürt Konflikt

Inselstreit lässt Handelsbeziehungen knistern

Von Norbert Hellmann, SchanghaiDie Aufnahme förmlicher chinesisch-japanischer Diplomatie- und Wirtschaftsbeziehungen jährt sich in diesem Herbst zum 40. Mal, das Handelsvolumen der beiden größten Wirtschaftsnationen erklomm zuletzt Rekordhöhen, doch nun macht man sich auf eine Abkühlung der Beziehungen mit schwer absehbaren wirtschaftlichen Folgen gefasst, die von dem territorialen Gerangel um eine von beiden Ländern beanspruchte Inselgruppe im ostchinesischen Meer nahe Taiwan ausgeht.Die Entscheidung der japanischen Regierung, die von ihnen de facto kontrollierten Senkakus (in China: Diaoyu-Inseln) zu kaufen, wird in China als Verletzung von Souveränitätsrechten gewertet und es wird ein erstes Säbelrasseln mit der Entsendung von chinesischen Patrouillenbooten ausgelöst. So weit rein politisch, doch nun kommen erste chinesische Warnungen über Beeinträchtigungen der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen, die sich im Nachgang zum Tsunami-Unglück und der Nuklearreaktor-Katastrophe in Fukushima besonderer Dynamik erfreut hatten. China ist mittlerweile größter Handelspartner Japans, im vergangenen Jahr kletterte das bilaterale Handelsvolumen um 14 % auf 345 Mrd. Dollar.Chinas Vize-Handelsminister Jiangwei ließ auf einer Pressekonferenz wissen, dass es nun schwierig geworden sei, Beeinträchtigungen der sino-japanischen Handelsbeziehungen zu vermeiden, und vertrat gleichzeitig die Meinung, dass nichts gegen einen “friedlichen Boykott” japanischer Produkte seitens chinesischer Konsumenten spreche. Derzeit lässt sich freilich nur anekdotische Evidenz finden, inwiefern Japans Wirtschaft einen Käuferstreik im bevölkerungsreichsten Land der Erde zu befürchten hat. Einbruch bei ElektronikWährend sich etwa im Rahmen der “Japan-Woche” eines führenden Schanghaier Einkaufszentrums die Shopper förmlich um die dort feilgebotenen japanischen Spezialitäten und Haushaltsgadgets rissen und die in chinesischen Großstädten omnipräsenten Japan-Restaurants gut gefüllt bleiben, betonen Retailer von Elektronikartikeln, dass japanische Produkte seit dem Wiederaufkeimen des Inselstreits im August einen scharfen Einbruch verzeichnen. Zuletzt hatten auch japanische Autohersteller eine schwächere Absatzentwicklung im Reich der Mitte zu beklagen, die allerdings mit der allgemein gedämpften Entwicklung des chinesischen Automarkts jenseits des von japanischen Herstellern kaum belegten Luxussegments zusammenhängen dürfte.Zweifelsohne negativ betroffen von der Verhärtung des politischen Klimas ist allerdings die Reisebranche, da chinesische Touristen höchst sensibel auf irgendwelche Anzeichen einer Sicherheitsgefährdung oder Anfeindungen im Ausland reagieren. Just im Vorfeld der anstehenden Oktober-Feiertagswoche, die den jährlichen Höhepunkt für Auslandsreiseaktivitäten in China abgibt, hagelt es Stornierungen. Chinas führendes Online-Reiseportal Ctrip und die Reisebürokette China Comfort haben ihre Japan-Promotionen eingestellt beziehungsweise bereits gebuchte Reisen rückgängig gemacht, während die Fluggesellschaften einen Rückgang der Buchungen um bis zu 50 % registrieren. Demgegenüber betonen japanische Fluggesellschaften und Reiseagenturen, bislang keine signifikanten Beeinträchtigungen des China-Geschäfts zu spüren.—– Wertberichtigt Seite 8