Insolvenzantragspflicht wird nach Flut ausgesetzt
sp Berlin
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen, die von der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz betroffen sind auf den Weg gebracht. Das Kabinett, das in Abwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unter dem Vorsitz von Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) tagte, billigte dazu eine Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen, die Unternehmen in Schieflage bis Ende Oktober von der Verpflichtung zu einem Insolvenzantrag ausnimmt, wie das Justizministerium mitteilte. Der Bundestag muss die Änderungen noch beschließen und könnte dazu schon nächste Woche zu einer Sondersitzung zusammentreten, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider berichtete. Am Mittwoch sprachen sich zunächst Vertreter von SPD und Grünen für eine baldige Sondersitzung aus, während die FDP auf eine Sitzung noch in dieser Woche drang.
„Durch den Starkregen und das Hochwasser sind auch Unternehmen unverschuldet in finanzielle Not geraten, die an sich tragfähige und erfolgreiche Geschäftsmodelle haben“, begründete Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, mit der die Bundesregierung zuletzt auch Unternehmen entlastet hatte, die wegen der Corona-Pandemie in Schwierigkeiten geraten waren. Den Unternehmen seien zwar schnelle Hilfen in Aussicht gestellt worden, die eine Pleite verhindern könnten, sagte Lambrecht. „Wir müssen aber verhindern, dass Unternehmen nur deshalb zum Insolvenzgericht gehen müssen, weil Unterstützungsleistungen nicht rechtzeitig bei ihnen ankommen.“ Die Antragspflicht soll für betroffene Betriebe rückwirkend vom 10. Juli bis Ende Oktober ausgesetzt werden. Voraussetzung ist, dass die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens auf Schäden zurückzuführen ist, die durch das Wasser entstanden sind.
Vizekanzler Olaf Scholz hatte am Dienstag an der Seite von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet das Hochwassergebiet Schleiden-Gemünd besucht und erklärt, dass der Wiederaufbau in den betroffenen Gebieten mehr als die 6 Mrd. Euro kosten werde, die die Flutkatastrophe von 2013 gekostet hat.