Bund-Länder-Gipfel

Inzidenz steht weiter im Zentrum

Den Spitzen von Bund und Ländern gelingt es nicht, sich auf neue Kriterien zur Steuerung der Corona-Maßnahmen zu einigen. Der Bund verlängert die Überbrückungshilfen, zieht aber auch Frust aus der Wirtschaft auf sich.

Inzidenz steht weiter im Zentrum

sp Berlin

Die Sieben-Tage-Inzidenz bleibt bei der Bewertung der Pandemie-Entwicklung in Deutschland das entscheidende Kriterium. „Wir haben uns auch in der Vergangenheit an den Gegebenheiten orientiert. In Abhängigkeit von der Impfquote können wir uns bestimmte Inzidenzen vorstellen, die Belastungen des Gesundheitssystems müssen wir beobachten“, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den Beratungen der Spitzen von Bund und Ländern. Sie halte es aber für schwierig, für eine bestimmte Impfquote in der Zukunft Inzidenzen und wahrscheinliche Hospitalisierungsraten abzuleiten. „Ohne Inzidenz geht es nicht“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Die genaue Formel, wie die Pandemie künftig besser mit mehreren Kriterien bewertet werden könne, sei noch nicht gefunden worden. Das müsse weiter beraten werden.

Kritik aus der Wirtschaft

CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet hatte vor der Ministerpräsidentenkonferenz dagegen die Erwartung geäußert, dass der Bund-Länder-Gipfel Beschlüsse zur Ergänzung der Sieben-Tage-Inzidenz als Maßstab für Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus fassen werde. „Mit zunehmender Impfquote müssen wir ein breiteres Spektrum berücksichtigen“, sagte Laschet am Dienstag im Düsseldorfer Landtag. Auf der Grundlage verschiedener Indikatoren wie der Krankenhausbelegung und dem Impffortschritt gelte es, einen klaren Mechanismus für Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Krankenhausbelegung, Impfquote und Inzidenz reichten allein aber nicht aus. „Das muss weiterentwickelt werden“, sagte Laschet.

Ähnliche Forderungen kommen seit Monaten aus der Wirtschaft. Zuletzt hatte sich auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in die Debatte eingeschaltet: „Die Politik muss mit Blick auf Testpflichten, Hygiene-, Impf- und Einreiseregelungen evidenzbasiert vorgehen. Ziel aller Maßnahmen muss sein, den Gesundheitsschutz der Bevölkerung selbst im Fall einer neuen Infektionswelle sicherzustellen und die Stärke des Standortes Deutschland zu erhalten. Für den Wiederaufschwung der Wirtschaft sind Planbarkeit und Verlässlichkeit entscheidende Stellhebel. Die Inzidenz allein darf bei einer hohen Impfquote in Deutschland nicht mehr das Maß aller Dinge sein“, erklärte BDI- Hauptgeschäftsführer Joachim Lang Mitte Juli.

Während ein Beschluss über neue Maßstäbe zur Bewertung des Pandemiegeschehens noch auf sich warten lässt, hat der Bund am Dienstag die Verlängerung der Überbrückungshilfen für Unternehmen zugesagt. Die Länder bitten den Bund, auch den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld zu verlängern, heißt es in den Beschlüssen. Um zu verhindern, dass sich Menschen in Betrieben mit dem Coronavirus infizieren, wird der Bund außerdem die bestehenden Maßnahmen der Arbeitsschutzverordnung verlängern. Dies gilt auch für die Pflicht der Firmen, Tests anzubieten, was prompt Kritik der Arbeitgeberverbände nach sich zog.

„Der Staat darf die Kosten für Tests nicht einseitig auf die Arbeitgeber abwälzen“, erklärte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) am Dienstag nach den Beratungen von Bund und Ländern. Die entsprechende Regelung in der Corona-Arbeitsschutzverordnung müsse daher spätestens mit dem 11. Oktober auslaufen. Von diesem Tag an sollen auch die bisher kostenlosen Bürgertests nicht mehr gratis sein. Das bedeutet, dass Ungeimpfte Corona-Tests ab dem 11. Oktober selbst bezahlen müssen, um am öffentlichen Leben teilnehmen zu können. Demnach sind Tests verpflichtend vorgeschrieben, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz über einen Wert von 35 steigt. Für Genesene und Geimpfte gilt die Testpflicht nicht. Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, sowie Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren bekommen die Tests weiterhin vom Staat bezahlt.