Irgendwas zwischen postfaktisch und präpolitisch
Nicht nur die politischen Eliten in Washington, D.C. und in den Kapitalen rund um den Globus warteten gestern gespannt auf den Auftritt des designierten US-Präsidenten Donald Trump vor Medienvertretern, die ihm zum ersten Mal seit dem vergangenen Sommer bei einer Pressekonferenz Fragen stellen würden. In den Stunden vor dem Pressetermin im Trump Tower war der Immobilienunternehmer, der in der nächsten Woche in das Weiße Haus umziehen wird, wieder einmal vor allem mit den sozialen Medien beschäftigt. Nachdem der President-Elect zuletzt neben abwanderungswilligen US-Unternehmen auch “total überschätzte” Hollywood-Größen wie Meryl Streep oder seinen Nachfolger als Gastgeber der Fernsehshow “The Apprentice”, Arnold Schwarzenegger, beim Kurznachrichtendienst Twitter in der Mangel hatte, waren gestern die Medien und Geheimdienste an der Reihe. Der Fernsehsender CNN und das Newsportal “Buzzfeed” hatten wenige Stunden zuvor über ein mutmaßliches russisches Geheimdossier berichtet, mit dem Trump nach Einschätzung von anonymen Quellen aus dem Umfeld der Geheimdienste erpressbar gemacht werden sollte. *Die russische Regierung, die Trump nach Einschätzung des FBI im Wahlkampf mit Cyberangriffen auf die Demokratische Partei und das Wahlkampfteam von Hillary Clinton geholfen haben könnte, habe nie versucht, Einfluss auf ihn auszuüben, stellte der designierte US-Präsident fest. “Ich habe nichts mit Russland zu tun”, schrieb er auf Twitter. “Keine Geschäfte, keine Kredite, kein Garnichts.” Seine Gegner versuchten, den Erfolg der von ihm gestarteten Bewegung mit Falschmeldungen zu schmälern, wetterte Trump. Die US-Geheimdienste hätte niemals zulassen dürfen, dass die “fake news” zu dem angeblichen Dossier die Öffentlichkeit erreichen. “Leben wir in Nazi-Deutschland?”, fragte Trump auf Twitter und zog damit den Vergleich zwischen den Berichten über das Geheimdossier und gezielten Verleumdungen während der Hitler-Diktatur. Zuvor hatte bereits die russische Regierung Berichte über ein Dossier mit belastendem Material über Trump als “völligen Unsinn” zurückgewiesen. Auch Medien wie die “New York Times” bewerten die Berichte als substanzlos. Die Hinweise auf das angebliche Dossier stammen von einem ehemaligen Geheimagenten, der im Auftrag von Trumps politischen Gegnern Informationen über dessen Verbindungen nach Russland eingeholt hatte. *Trump brachte seinen Unmut über die Angelegenheit aber nicht nur über Twitter zum Ausdruck. Zum Start der Pressekonferenz ließ er seinen Sprecher Sean Spicer erst eine geharnischte Kritik an “Buzzfeed” und anderen “Mainstream”-Medien verlesen, bevor der designierte Vizepräsident Mike Pence in dieselbe Kerbe schlug. Mit der Freiheit komme auch Verantwortung, ließ Pence die Medien wissen. Trump wiederum lobte zunächst all jene Medien, die auf die Berichte nicht eingestiegen waren, verweigerte einem Vertreter des Nachrichtensenders “CNN”, den er zuvor scharf attackiert hatte, aber die Möglichkeit zu einer Nachfrage. “Sie sind fake news, Sie bekommen keine Frage”, erklärte der designierte Präsident nur und kam dann so richtig in Fahrt. “BBC News? Das ist noch so eine Schönheit”, kommentierte Trump die Frage eines britischen Journalisten.Als Trump sich durch die Fragen zu Russland gekämpft hatte, gab er das Wort an seine Anwältin Sheri Dillon von der Kanzlei Morgan Lewis weiter, die in der Folge über die künftige Struktur der Trump Organization Auskunft gab. Die erwachsenen Söhne Donald Jr. und Eric sollen das Familienunternehmen zusammen mit dem langjährigen CFO Allen Weisselberg führen. Er hoffe, dass er nach acht Jahren im Weißen Haus zurückkehren und seinen Söhnen sagen könne, dass sie einen guten Job gemacht hätten, sagte Trump. “Und wenn sie das nicht gemacht haben, dann werde ich ihnen sagen: Ihr seid gefeuert”, sagte der 70-Jährige und beendete seine erste Pressekonferenz seit der Wahl zum US-Präsidenten so, wie er früher die Kandidaten von “The Apprentice” entlassen hat.