Irland: Boris Johnson geht "auf Kollisionskurs"

EU lehnt Neuverhandlungen erneut ab - US-Botschafter sieht Großbritannien "an der Spitze der Schlange"

Irland: Boris Johnson geht "auf Kollisionskurs"

ahe/hip Brüssel/London – Der irische Außenminister Simon Coveney hat dem neuen britischen Premierminister Boris Johnson vorgeworfen, das Land absichtlich “auf Kollisionskurs” mit der Republik Irland und der EU zu bringen. Seine Herangehensweise sei keine Grundlage für eine Übereinkunft, sagte er nach einem Treffen mit dem neuen britischen Nordirlandminister Julian Smith. Mit Blick auf die Austrittsverhandlungen sei der Donnerstag “ein sehr schlechter Tag gewesen”. Nun müsse man abwarten, was in den kommenden Wochen aus London komme.Johnson hatte bereits erste Telefonate mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron geführt. Juncker hatte nach Angaben einer Sprecherin in seinem Gespräch noch einmal darauf verwiesen, dass das vorliegende Austrittsabkommen das “bestmögliche und einzig mögliche Brexit-Abkommen” sei, das es gebe. Er zeigte sich jedoch offen dafür, Vorschläge von Johnson zu prüfen. Auch in Paris wurde die Forderung aus London nach Neuverhandlungen über den Brexit-Vertrag zurückgewiesen. Dieser sei der beste Weg, Großbritannien einen ordentlichen Austritt aus der EU zu ermöglichen, sagte Europa-Staatssekretärin Amélie de Montchalin. Macron lud den neuen britischen Premier zu Gesprächen nach Frankreich ein. Eine Einladung kam auch aus Berlin: Bundeskanzlerin Merkel lud Johnson zu einem baldigen Besuch in die deutsche Hauptstadt. Oettinger: Bonität gefährdetEU-Haushaltskommissar Günther Oettinger warnte Johnson unterdessen davor, die vereinbarte Austrittsrechnung wie angedroht nicht zu bezahlen. Dies würde “die Bonität des Vereinigten Königreichs gefährden”, sagte Oettinger dem “Tagesspiegel”. Die offenen Beträge seien “haushaltsrechtlich belegbar und nachvollziehbar”. Eine Zahlungsverweigerung würde zudem die künftige britische Zusammenarbeit mit der EU zum Beispiel beim Forschungsrahmenprogramm Horizon gefährden. Der britische Autoverband SMMT warnte erneut vor einem “No Deal”-Brexit.Woody Johnson, der US-Botschafter in Großbritannien, sagte, das Land befinde sich “an der Spitze der Schlange”, wenn es um ein Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten gehe. Barack Obama hatte den Briten vor dem EU-Referendum noch gedroht, sie müssten sich “am Ende der Schlange” anstellen. Er gehe für den Fall eines Hard Brexit davon aus, dass Großbritannien, sobald es Verhandlungen führen dürfe, auch mit den Verhandlungen beginnen werde und eine Reihe von bilateralen Handelsabkommen abschließen werde, vielleicht sogar multilaterale, sagte er der BBC. Aus seiner Sicht werden Trump und Johnson ein “sensationelles” Verhältnis zueinander entwickeln. Die beiden Regierungschefs hätten beide ihren eigenen Stil, es gebe aber “Ähnlichkeiten”. Ein prominenter Brexiteer zeigte Johnson derweil die kalte Schulter. Steve Baker von der European Research Group, in der sich die EU-Gegner unter den Tories zusammengeschlossen haben, lehnte einen Regierungsposten ab. Er wolle die “Machtlosigkeit” nicht wieder spüren, die er unter Theresa May in dem eigens für den Brexit eingerichteten Ministerium (Department for Exiting the European Union) erfahren habe, als das Cabinet Office die Federführung übernahm.