Italien entgeht dem Defizitverfahren

Einigung mit EU-Kommission auf Haushalt für 2019 - Defizit jetzt bei 2,04 % - Neue Wachstumsprognose

Italien entgeht dem Defizitverfahren

Im Haushaltsstreit mit der italienischen Regierung akzeptiert die EU-Kommission die angebotenen Zugeständnisse und verzichtet vorerst auf ein Defizitverfahren. Rom akzeptiert eine geringere Wachstumsprognose und will mit Maßnahmen von rund 10 Mrd. Euro das Defizit auf 2,04 % drücken.ahe Brüssel – Nach Korrekturen der italienischen Regierung in ihrer Haushaltsplanung für 2019 verzichtet die EU-Kommission vorerst auf die Einleitung eines Verfahrens. “Eines ist klar: Die Lösung ist nicht ideal”, räumte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis gestern in Brüssel ein. Damit könne aber ein Verfahren wegen eines exzessiven Defizits zurzeit vermieden werden.Die Regierung in Rom hatte nach Angaben Dombrovskis` zuvor Korrekturen im Volumen von 10,25 Mrd. Euro zugesagt und akzeptiert, dass das Budget auf Basis einer deutlich niedrigeren Wachstumsprognose von 1,0 % anstatt von 1,5 % berechnet wird. Wäre es bei der bisherigen Ausgabenplanung geblieben, hätte das Defizit im nächsten Jahr wegen dieser pessimistischeren Prognose bei 2,8 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gelegen und nicht nur bei 2,4%. Durch die versprochenen zusätzlichen Maßnahmen landet Italien nun aber bei 2,04 %. Die neue Planung sieht dann ein Sinken der Neuverschuldung auf 1,8 % im Folgejahr und 1,5 % im Jahr 2021 vor. Die Vorgängerregierung in Rom hatte der EU-Kommission eigentlich für nächstes Jahr schon ein Defizit von nur 0,8 % zugesagt.Den Vorschriften des Stabilitäts- und Wachstumspakts zufolge müsste Italien seine Staatsverschuldung eigentlich um jährlich 0,6 Prozentpunkte senken. Dies wird auch durch die neue Planung nicht erreicht. Aber die Verschuldungssituation wird sich nun nicht weiter verschlechtern. “Sieg des politischen Dialogs”EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sprach von einer “neutralen Dekonsolidierung”, die erreicht worden sei. Dombrovskis bemühte das Bild einer “schwarzen Null” beim Abbau der Staatsverschuldung. Entwarnung wollten beide nicht geben. Man werde “aufmerksam bleiben”, betonte Dombrovskis. Das Haushaltsniveau in Italien bleibe weiterhin “besorgniserregend”. Er verwies auf die Verschiebung von Kosten für das geplante Grundeinkommen und die Rentenreform auf die Jahre 2020 und 2021 sowie die wenig wachstumsfreundlichen Maßnahmen, die nun auf dem Tisch liegen, wie etwa Steuererhöhungen und geringere Investitionen. Einen gewissen Ausgleich soll eine bessere Verwendung der EU-Strukturfondsmittel bringen. Rund 2 Mrd. Euro aus dem Etat 2019 werden zunächst eingefroren und nur aktiviert, wenn im Laufe des Jahres klar wird, dass das Defizitziel auch eingehalten wird. “Italien muss dringend das Vertrauen in seine Wirtschaft wiederherstellen, um die Finanzierungsbedingungen und den Rückhalt für Investitionen zu verbessern”, so Dombrovskis.Die Einigung im wochenlangen Haushaltsstreit bezeichnete Moscovici als einen “Sieg des politischen Dialogs”. Sie zeige auch noch einmal, dass Brüssel kein Feind des italienischen Volkes sei. Auch Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte zeigte sich zufrieden. Alle wichtigen Ziele seiner Regierung könnten noch durchgesetzt werden.Die Finanzmärkte reagierten erleichtert: Die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen sanken, die Aktienkurse in Mailand legten deutlich zu. Bei den Commerzbank-Analysten war dennoch von einem “faulen Kompromiss” die Rede. Diese Rechnung könne nicht aufgehen, hieß es. Italien wolle an Steuersenkungen, dem Bürgereinkommen und dem früheren Rentenalter in Grundzügen festhalten. Die tatsächliche Defizitquote werde 2019 sogar erheblich über 2,4 % liegen.