Italien kommt zunächst um Verfahren herum

Altbekannte Ratschläge an Deutschland

Italien kommt zunächst um Verfahren herum

fed Brüssel – Trotz des hohen und zuletzt sogar noch gewachsenen Schuldenbergs kommt Italien zunächst um die Eröffnung eines Defizitverfahrens in Brüssel herum. Zwar gebe es Abweichungen von den Referenzwerten und vom vorgesehenen Pfad des Schuldenabbaus, erklärt die EU-Kommission mit Blick auf Italien und auf das ebenfalls unter hohen Schulden ächzende Belgien sowie auf Finnland. “Nach Analyse der relevanten Faktoren” sei die EU-Kommission indes zu dem Schluss gekommen, dass die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts in diesen drei Euro-Ländern eingehalten worden sind, berichtet die EU-Behörde.EU-Kommissar Pierre Moscovici ergänzte gestern bei der Pressekonferenz, dass man sich eng und regelmäßig mit Vertretern des italienischen Finanzministeriums beraten habe. Die Regierung habe “präzise” Ansagen für Reformen gemacht und sich zu ehrgeizigen Zielen bei der Erstellung des Haushaltsplans für das nächste Jahr verpflichtet. Die Einhaltung dieses Versprechens will die EU-Kommission im Oktober oder November unter die Lupe nehmen, kündigte Moscovici an.Italien weist einen Schuldenstand von mehr als 130 % der Wirtschaftskraft aus – und ist damit nach Griechenland der zweithöchst verschuldete Euro-Mitgliedstaat. Belgiens Schuldenquote pendelt seit vielen Jahren zwischen 104 % und 107 % des Bruttoinlandsprodukts. Finnland ist zwar mit einer Schuldenquote von zuletzt 62 % in einer vergleichsweise komfortablen Position. Da diese Kennziffer aber seit Jahren kontinuierlich steigt und wohl auch noch in den kommenden Jahren weiter zulegt, ist das Land ebenfalls ins Blickfeld der Brüsseler Haushaltskontrolleure gerückt. Lob für BerlinDeutschland erhält in den länderspezifischen Empfehlungen zwar Anerkennung für seine haushaltspolitische Entwicklung. Seit Jahren sinkt die Schuldenquote – und es bestehen gute Aussichten, dass sie im Jahr 2020 erstmals seit langer Zeit wieder unter den Maastrichter Referenzwert von 60 % rutscht. Allerdings entdecken die EU-Beamten natürlich auch in Deutschland Bedarf für Nachbesserungen. Die Empfehlungen für die nächsten 18 Monate enthalten eine ganze Reihe altbekannter Forderungen. Dazu zählt beispielsweise die Aufforderung, die öffentlichen Investitionen auszuweiten – durch Ausnutzung der “fiskalischen Spielräume”. Zudem werden Ineffizienzen im Steuersystem gerügt. Schließlich wirbt die EU-Kommission für Anreize an Arbeitnehmer, später in Rente zu gehen.