Italien lehnt Haushaltskorrekturen ab

Vizepremier Salvini: Wir weichen nicht einen Millimeter - Brüssel reagiert zunächst schmallippig

Italien lehnt Haushaltskorrekturen ab

Italien lehnt die von der EU-Kommission geforderten Korrekturen am Haushaltsentwurf ab. Das teilte die Regierung in Rom der Brüsseler Behörde in einem Brief mit. Die Zurückweisung der Brüsseler Forderungen stieß europaweit auf harte Kritik. Die Einleitung eines Verfahrens gegen das Land gilt als wahrscheinlich.bl/ahe/ms Frankfurt – Italiens Regierung hat die von der EU-Kommission verlangte Nachbesserung ihres Haushaltsentwurfs am Dienstag zurückgewiesen. Finanzminister Giovanni Tria übermittelte eine leicht überarbeitete Version des Budgets mit einem Begleitbrief nach Brüssel.Die EU-Kommission hatte den Budgetentwurf aus Italien vor drei Wochen zurückgewiesen und Rom zu Änderungen aufgefordert. Italien weist dieses Ansinnen zurück. Nach einem Treffen der zuständigen Minister und einer Kabinettssitzung hieß es aus Regierungskreisen, “Defizit und Wachstumsannahmen bleiben unverändert”.Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini sagte: “Wenn unser Entwurf Europa gefällt, freuen wir uns, wenn nicht, gehen wir unseren Weg trotzdem weiter. Wir weichen nicht einen Millimeter.”Die Märkte reagierten negativ. Der Zinsaufschlag (Spread) zwischen deutschen und italienischen Staatsanleihen stieg auf bis zu 315 Basispunkte. Die Mailänder Börse verzeichnete deutliche Abschläge.Wirtschaftsminister Giovanni Tria, der auf eine Korrektur der aus Sicht von EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds unrealistisch hohen Wachstumsprognose von 1,5 % für 2019 drang, konnte sich einmal mehr nicht durchsetzen. Erneut drückten Salvini und 5-Stelle-Chef Luigi Di Maio ihre harte Linie durch. Die Regierung hält an der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens und der Senkung des Rentenalters fest. Tria versicherte, das angepeilte Defizit von 2,4 % werde nicht überschritten. Die Regierung plane Mechanismen, um den Haushaltsfehlbetrag zu kontrollieren. Zudem sollen die Schulden durch Privatisierungen und den Verkauf staatlicher Immobilien abgebaut werden.Rom fordert von Brüssel mehr Flexibilität. Das Land werde durch Sonderausgaben aufgrund der jüngsten Unwetter und wegen des Brückeneinsturzes in Genua belastet, die sich auf 0,2 Prozentpunkte der Wirtschaftsleistung addierten. Weidmann fordert DisziplinDie EU-Kommission reagierte gestern zunächst schmallippig und wollte keinen Kommentar zu den Eingaben aus Rom machen. Die Behörde plant, eine Einschätzung zu allen eingereichten Haushaltsentwürfen der Euro-Staaten am kommenden Mittwoch abzugeben. Auch zu Italien wird es vorher voraussichtlich keine genauere Stellungnahme geben.Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche bereits weit weniger optimistische Wachstumserwartungen für Italien veröffentlicht als die Regierung in Rom (siehe Grafik). Der CSU-Finanzexperte Markus Ferber erklärte, wenn der Europäischen Kommission die Integrität des Stabilitäts- und Wachstumspaktes am Herzen liege, dürfe sie keinesfalls klein beigeben: “Sollte Rom mit diesem Affront durchkommen, bedeutet das das Ende des Stabilitäts- und Wachstumspakts.” Nach Einschätzung des Europaabgeordneten basiert der italienische Haushaltsentwurf nach wie vor “auf viel zu rosigen Annahmen und beinhaltet gravierende Rechenfehler”. Nachbesserungen seien absolut notwendig.Der österreichische Finanzminister Hartwig Löger, der aktuelle Ecofin-Vorsitzende, verwies darauf, dass es in dem Streit nicht um eine italienische, sondern eine europäische Angelegenheit gehe. “Italien droht die Gefahr, in Richtung Griechenland-Nachfolgemodell abzurutschen”, so Löger. Sollte der Budgetentwurf nicht nachgebessert werden, sei die EU-Kommission gefordert, Schritte in Richtung eines Defizitverfahrens zu tun.Auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann mahnte Rom gestern zu Haushaltsdisziplin. Es sei zwar durchaus legitim, wenn eine neue Regierung neue politische Akzente setzen wolle, sagte er in Berlin. Soweit diese aber mit zusätzlichen Ausgaben verbunden seien, wäre es ratsam, andere Ausgaben zu reduzieren oder die Einnahmen zu erhöhen. “Auf den nötigen Schuldenabbau darf nicht verzichtet werden”, sagte er. Es gehe nicht nur darum, die EU-Fiskalregeln einzuhalten, um die Währungsunion als Stabilitätsunion zu erhalten. “Ich teile auch nicht die Ansicht, dass mit immer mehr Schulden Wachstumsprobleme gelöst werden und hohe Schulden unproblematisch sind”, sagte Weidmann.