Italien verteilt Geld mit der Gießkanne
Von Gerhard Bläske, Mailand Italien ist mit das am stärksten von der Coronakrise betroffene Land weltweit. Im März sank die Industrieproduktion laut Statistikamt Istat zum Vorjahresmonat um 29,3 %, und der April dürfte noch schlechter ausfallen. Doch das Land, das von Europa fast unbegrenzte Mittel möglichst als Zuwendung und nicht als Kredit fordert, ist nicht in der Lage, sich auf nationaler Ebene auf Hilfsmaßnahmen zu einigen. Das für Ostern geplante neue Maßnahmenpaket hat sich wegen anhaltender Konflikte innerhalb der Regierungskoalition um Wochen verzögert. Es ist nun aber größtenteils fertig.Geplant ist ein Geldregen: Boni für Babysitterleistungen, für einen Urlaub im eigenen Land, für Krankenhauspersonal und vieles mehr. Dazu kommt ein “Notstandseinkommen” von 400 bis 800 Euro, nicht rückzahlbare Hilfen für Kleinunternehmen und Staatsbeteiligungen über die staatliche Cassa Depositi e Prestiti (CDP) sowie ein Startkapital von 3 Mrd. Euro für eine neue staatliche Gesellschaft, die die seit Jahrzehnten marode Airline Alitalia übernehmen soll. Es ist für jeden etwas dabei. Auf Druck der Wirtschaft soll auch die regionale Wertschöpfungssteuer Irap ausgesetzt werden.Der Staat hebelt den Kapitalismus weiter aus und verstärkt konsumtive Anreize, statt die Rahmenbedingungen zu ändern. Der Maßnahmenkatalog erscheint beliebig. Es fehlen eine Prioritätensetzung und ein Programm für einen Neustart, etwa zur Lösung struktureller Probleme wie der langsamen Bürokratie und Justiz, der Reform des Schulwesens oder einer Erneuerung der Infrastruktur. Nach der Krise, die die Schulden dramatisch ansteigen lässt, soll es so schlecht weitergehen wie bisher.Ohne das Aufkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) für Italien wäre das Land längst pleite. Rom setzt auf eine dauerhafte europäische Alimentierung und letztendlich wohl auf einen Schuldenschnitt, denn zurückzahlen kann Italien seine Verbindlichkeiten nicht mehr. Die Schwächen des Landes werden auch dadurch deutlich, dass die vor Ostern angekündigten Liquiditätshilfen nicht bei den Unternehmen ankommen, weil sie im bürokratischen Sumpf steckenbleiben. Und bei den Banken, die sie auszahlen sollen, droht die nächste Krise. Sie haben zwar ihre faulen Kredite in den vergangenen Jahren kräftig abgebaut. Doch nun drohen gewaltige Kreditausfälle, weil sich die kapitalschwachen italienischen Mittelständler, das Herz der Wirtschaft Italiens, fast ausschließlich über Bankkredite finanzieren und gewaltige Kreditausfälle drohen. Es kommt hinzu, dass Italiens Banken fast 400 Mrd. Euro italienische Bonds in den Büchern stehen haben und weitere 300 Mrd. Euro Kredit an Rom vergeben haben.