Geldpolitik

Italiens Regierung schießt scharf gegen die EZB

„Unsinnig und gefährlich“: Italiens Vize-Regierungschef Matteo Salvini hat den Zinserhöhungskurs der EZB kritisiert und dabei ungewöhnlich scharfe Worte gewählt. Die EZB-Politik wieder immer mehr zu einem Politikum.

Italiens Regierung schießt scharf gegen die EZB

Italiens Regierung
schießt scharf
gegen die EZB

ms Frankfurt

Italiens Vize-Regierungschef Matteo Salvini hat den Zinserhöhungskurs der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisiert und dabei ungewöhnlich scharfe Worte gewählt. Die EZB-Politik sei „unsinnig und gefährlich“, sagte Salvini laut der Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag. Deutliche Kritik an der EZB, die derzeit ihr jährliches Forum im portugiesischen Sintra abhält, kam auch vom zweiten Vize-Regierungschef Antonio Tajani – wenn auch in gemäßigterem Ton.

Damit verschärft Italien die Attacken auf die EZB noch einmal erheblich. In den vergangenen Wochen und Monaten hatte es immer wieder Kritik aus Rom gegeben, auch von Regierungschefin Giorgia Meloni selbst. Das hoch verschuldete Italien gilt vielen als besonders betroffen durch die steigenden EZB-Zinsen und den Abbau der enormen EZB-Anleihebestände. Die Bundesregierung dagegen gibt der EZB-Rückendeckung für ihre Politik.

„Die Europäische Zentralbank signalisiert entgegen ihren eigenen Untersuchungen und dem gesunden Menschenverstand Pläne für weitere Zinserhöhungen, die Familien und Unternehmen schaden“, sagte Salvini nun am Dienstag. Er werde ein Treffen mit dem italienischen EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta anstreben. Tajani seinerseits wurde mit den Worten zitiert: „Mit zu hohen Zinsen riskiert man eine Rezession.“

Die EZB genießt formal eine hohe Unabhängigkeit. Mancher Kritiker sieht dennoch eine starke Rücksichtnahme der EZB auf die Politik. Andere warnen zumindest vor politischer Einflussnahme. Unlängst hatte auch Spaniens Wirtschaftsministerin Nadia Calvino gesagt, dass die Wirtschaft wohl keine weiteren Zinserhöhungen mehr brauche.

Unterdessen sprach sich Belgiens Notenbankchef Pierre Wunsch für mehr Spielraum beim Erreichen des EZB-Inflationsziels von 2% aus. „Wir müssen akzeptieren, dass unsere Fähigkeit, die Inflation bei exakt 2% zu fixieren, begrenzt ist“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“: „Wenn die Inflation bei 2,3% liegt und die Wirtschaft schwach ist, würde ich die Geldpolitik nicht weiter straffen.“

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