IWF-Tagung

IWF-Chefin mahnt mehr globalen Zusammenhalt an

Bei der IWF-Jahrestagung in Marrakesch beginnt jetzt die heiße Phase – mit den Beratungen der Finanzminister und Notenbankchefs der 190 IWF-Mitgliedsländer. IWF-Chefin Kristalina Georgiewa appelliert an die Verantwortlichen.

IWF-Chefin mahnt mehr globalen Zusammenhalt an

IWF-Chefin mahnt mehr globalen Zusammenhalt an

Georgiewa: Schwere Schocks sind die neue Normalität – Sorge wegen Eskalation in Nahost – Fortschritte bei Umschuldungen

ms Frankfurt

Während die Weltgemeinschaft politisch und wirtschaftlich immer stärker auseinanderdriftet, plädiert IWF-Chefin Kristalina Georgiewa eindringlich für mehr und nicht weniger Kooperation auf internationaler Ebene. „In einer schockanfälligeren Welt brauchen wir einander umso mehr“, sagte sie am Donnerstag vor Beratungen der Finanzminister und Notenbankchefs der 190 IWF-Mitgliedsländer in Marrakesch. In der marokkanischen Metropole findet in dieser Woche die Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank statt. Von dem Treffen solle ein positiver Impuls für die globale Zusammenarbeit ausgehen, so Georgiewa.

Rivalität von USA und China

In den vergangenen Jahren haben insbesondere die Corona-Pandemie und dann der Ukraine-Krieg zu einer zunehmenden Fragmentierung der Weltwirtschaft geführt. Nicht zuletzt die beiden weltgrößten Volkswirtschaften, die USA und China, stehen sich politisch wie wirtschaftlich zunehmend in großer Rivalität gegenüber. Die Fragmentierung belastet nach Einschätzung des IWF das globale Wachstum bereits erheblich. Das gilt umso mehr als Problem, als die Weltwirtschaft mit einer ganzen Reihe von Schocks konfrontiert war und ist. Ganz aktuell ist da etwa die erneute Gewalteskalation im Nahen Osten, die auch das Treffen in Marrakesch überschattet.

„Die Weltwirtschaft erlebt schwere Schocks, die die neue Normalität sind“, sagte Georgiewa nun, auch mit Blick auf den Konflikt zwischen Israel und der Hamas. Nötig sei deshalb mehr Zusammenhalt, nicht weniger. Die multilaterale Zusammenarbeit ist laut Georgiewa von entscheidender Bedeutung für die Bewältigung der Herausforderungen, "die den globalen Aufschwung behindern und den künftigen Wohlstand überschatten". Es gehe nun darum, sich nicht weiter auseinanderbringen zu lassen, sondern um gemeinsame Diskussionen und das Herausbilden von Bereichen, in denen es Konsens gebe. „Und auf diesen Konsens müssen wir dann aufbauen“, sagte sie.

Sorgen wegen Eskalation in Nahost

Mit Blick auf die Situation in Nahost sagte Georgiewa, der Konflikt sei eine "neue Wolke am nicht ganz so sonnigen Horizont für die Weltwirtschaft". "Was die wirtschaftlichen Auswirkungen angeht, beobachten wir sehr genau, wie sich die Situation entwickelt und wie sie sich insbesondere auf die Ölmärkte auswirkt." Bereits am Dienstag hatte IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas gesagt, dass nach IWF-Berechnungen ein Anstieg der Ölpreise um 10% im folgenden Jahr das globale Wachstum um 0,2% senkt und die weltweite Inflation um 0,4% erhöht (vgl. BZ vom 11. Oktober).

"Die geopolitischen Risiken sind derzeit das größte Risiko für die Weltwirtschaft", sagte auch der französische Finanzminister Bruno Le Maire in Marrakesch – "das größte Risiko für das Wachstum, die Entwicklung und den gemeinsamen Wohlstand". In seinem neuen Weltwirtschaftsausblick prognostiziert der IWF für dieses und nächstes Jahr 3,0% und 2,9% Wachstum (vgl. BZ vom 11. Oktober).

Der IWF setzt sich laut Georgiewa vor dem Hintergrund weiter dafür ein, Länder zusammenzubringen, um die globalen Herausforderungen zu lösen – „als vertrauenswürdiger Berater, Anbieter finanzieller Unterstützung und Plattform für die Zusammenarbeit“, wie sie es auch in ihrer neuen Global Policy Agenda beschreibt. Sie mahnte deshalb erneut an, die finanziellen Kapazitäten des Fonds dauerhaft zu stärken und die IWF-Quotenreform zu nutzen, um die Mitsprache der Schwellenländer zu erhöhen. Vor allem China dringt darauf, während die US-Regierung sehr zurückhaltend ist.

Fortschritte bei Umschuldungen

Mit Blick auf Verhandlungen über Umschuldungen hoch verschuldeter Länder lobte Georgiewa Fortschritte. Zwar führe der Gemeinsame Rahmen der Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) für die Umschuldung nur langsam zu Ergebnissen. Es sei aber ermutigend, dass die Zeit für die Behandlung einzelner Fälle nun kürzer werde.

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