IWF zuversichtlicher für Weltwirtschaft
IWF zuversichtlicher für Weltwirtschaft
Währungsfonds empfiehlt weitere Zinserhöhungen – Kerninflation hartnäckig – Starker Tourismus hilft Spanien und Italien
Die Weltwirtschaft wird zwar etwas stärker zulegen als zuletzt vom IWF erwartet – sich im historischen Vergleich aber weiter schwach entwickeln. Im Kampf gegen die hartnäckig hohe Inflation empfiehlt der Währungsfonds weitere Zinserhöhungen. Zugleich müsse die Finanzstabilität gewährleistet sein.
ba Frankfurt
Der Internationale Währungsfonds (IWF) zeigt sich in seinem am Dienstag veröffentlichten Weltwirtschaftsausblick (WEO) etwas zuversichtlicher für die Weltwirtschaft als zuletzt. Es gebe aber weiter viele Probleme, sagte IWF-Chefökonom Pierre-Olivier Gourinchas der Nachrichtenagentur Reuters zufolge. “Es ist zu früh, um zu feiern.” Insbesondere die anhalten hohe Inflation sorgt den IWF, der daher weitere Zinserhöhungen empfiehlt.
In den meisten Volkswirtschaften bleibe die Priorität, die Inflation nachhaltig zu senken und gleichzeitig die Finanzstabilität zu gewährleisten. “Daher sollten sich die Zentralbanken weiterhin auf die Wiederherstellung der Preisstabilität und die Stärkung der Finanzaufsicht und Risikoüberwachung konzentrieren”, hieß es im WEO. Ein restriktiver Kurs – mit realen Zinssätzen über dem neutralen Wert – sei erforderlich, bis es klare Anzeichen für eine Abkühlung der zugrunde liegenden Inflation gebe. Die Kerninflation müsse deutlicher und nachhaltiger nach unten gebracht werden. “Da sind wir noch nicht”, mahnte Gourinchas. Dem IWF zufolge wird die weltweite Inflation in diesem Jahr auf 6,8% und 2024 dann auf 5,2% zurückgehen. Die Prognosesenkung um 0,2 Punkte gegenüber dem April-WEO erklärt der Währungsfonds mit der gedämpften Inflation in China, wohingegen die Erhöhung um 0,3 Prozentpunkte für 2024 die unerwartet hohe Kerninflation widerspiegele. 2022 lag die Inflation noch bei 8,7%. “Eindeutig ist der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen.” Gerade die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittel erweise sich als hartnäckiger als gedacht, vor allem in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Immerhin sollte die Teuerungsrate in drei von vier Ländern auf dem Rückzug sein. In einem Reuters-Interview sagte Gourinchas, es könnte bis Ende 2024 oder Anfang 2025 dauern, bis die Inflation wieder den Zielmarken der Notenbanken entspreche und es in der Zinspolitik eine Änderung geben könne.
Die Finanzpolitik dürfe die Inflation nicht anheizen, sondern müsse wieder Puffer aufbauen, die in den vergangenen Jahren genutzt worden seien, so der IWF. Potenzielle Risiken seien erneute Turbulenzen in der Finanzbranche, wenn sich die Märkte auf eine weitere Straffung der Geldpolitik durch die Zentralbanken einstellten. Oder auch die Überschuldungen ganzer Staaten sowie eine schwächere Entwicklung Chinas, zum Teil ausgelöst durch Probleme auf dem Immobilienmarkt, die sich auch grenzüberschreitend negativ auswirken.
“Vergleichsweise schwach”
Die Leitzinserhöhungen der Zentralbanken zur Bekämpfung der Inflation belasten weiterhin die Wirtschaftstätigkeit. Die Weltwirtschaft dürfte in diesem und im kommenden Jahr um je 3,0% zulegen, erwartet der IWF. Damit hat er seine Prognose für dieses Jahr im Vergleich zu seiner vorherigen Voraussage vom April zwar um 0,2 Prozentpunkte erhöht, doch bleibe sie “im historischen Vergleich schwach”. Zum Vergleich: In den Jahren 2001 bis 2019 betrug das Wachstum im Schnitt jährlich 3,8%.
Die schwächste Entwicklung erwartet der IWF dabei bei den fortgeschrittenen Volkswirtschaften, wobei sich ein stärkerer Dienstleistungssektor einer schwächeren Industrie gegenübersehe: 93% der fortgeschrittenen Volkswirtschaften würden 2023 langsamer wachsen. Die Prognose für die USA wurde für dieses Jahr um 0,2 Prozentpunkte auf 1,8% nach oben korrigiert wegen des robusten Konsumwachstums im ersten Quartal. Dieses sei auf einen nach wie vor angespannten Arbeitsmarkt zurückzuführen, der die Realeinkommenszuwächse und den Wiederanstieg der Fahrzeugkäufe unterstützt habe. Der IWF erwartet allerdings nicht, dass diese Wachstumsdynamik anhält, da die Verbraucher ihre während der Pandemie angesammelten überschüssigen Ersparnisse weitgehend aufgebraucht haben.
Die Prognosen für den Euroraum blieben weitgehend unverändert, aber die Zusammensetzung sei eine andere: Wegen des Tourismus und starker Dienstleister erhöhte der IWF die Wachstumsprognosen für Italien um 0,4 und für Spanien um 1,0 Prozentpunkte. Wegen der schwächelnden Industrie und der schrumpfenden Wirtschaft im ersten Quartal senkte er die Voraussagen für Deutschland um 0,2 Prozentpunkte auf –0,3%.
In den Schwellen- und Entwicklungsländern sind dem IWF zufolge “die Wachstumsaussichten für 2023 und 2024 im Großen und Ganzen stabil”. Etwa 61% der Volkswirtschaften in dieser Gruppe werden 2023 schneller wachsen als zuletzt. Wegen der starken inländischen Investitionstätigkeit wurde die Prognose für Indien um 0,2 Punkte auf 6,1% erhöht.