Japan drückt bei Wasserstoffwirtschaft aufs Gas
Japan drückt bei Wasserstoffwirtschaft aufs Gas
Anschubinvestitionen von 100 Mrd. Euro – Aufbau von Lieferketten in Asien
mf Tokio
Die japanische Regierung will in den nächsten 15 Jahren insgesamt 15 Bill. Yen (100 Mrd. Euro) in eine stärkere Versorgung der Inselnation mit klimafreundlichem Wasserstoff stecken. Davon sollen staatliche Stellen 6 bis 8 Bill. Yen bereitstellen, der private Sektor würde die zweite Hälfte aufbringen. Die hohen Investitionen sollen die Einführung der Wasserstoffwirtschaft beschleunigen.
Im Jahr 2040 will Japan nun jährlich 12 Mill. Tonnen herstellen. 2050 soll die Produktionsleistung dann 20 Mill. Tonnen jährlich erreichen. Laut dem bisherigen Plan lag das Ziel für 2030 nur bei 2 bis 3 Mill. Tonnen. Laut Premier Fumio Kishida plant die Regierung zusammen mit Australien sowie Ländern in Südostasien und dem Nahen Osten den Aufbau von internationalen Lieferketten für Wasserstoff. Für 2050 erwartet die Regierung einen weltweiten Jahresumsatz mit Wasserstoff von 2,5 Bill. Dollar.
Die Investitionen zielen in erster Linie auf die Weiterentwicklung von wettbewerbsfähigen Elektrolyseanlagen für die Herstellung von Wasserstoff aus Wasser. Die japanische Kapazität für Elektrolyse soll dabei von aktuell 1 Gigawatt bis Ende des Jahrzehnts auf 15 Gigawatt im In- und Ausland anwachsen. Von der Anschubfinanzierung erhofft sich die Regierung, dass die japanischen Hersteller in ihren Kosten und Technologien wettbewerbsfähiger werden, damit sie einen größeren Anteil an diesem Zukunftsmarkt erobern können. Gleichzeitig braucht die japanische Wirtschaft günstigen Grünstrom, wenn sie in bisherigem Umfang Chemikalien sowie Metallwaren klimaneutral produzieren will.
Vorreiterrolle
Als weltweit erstes Land hatte Japan schon 2017 eine Strategie für eine Wasserstoffwirtschaft beschlossen und baute anschließend die erste Lieferkette für flüssigen Wasserstoff auf. Der Brennstoff wurde im südlichen Australien aus der Vergasung von Braunkohle gewonnen, das entstandene Kohlendioxid soll später im Untergrund gespeichert werden. Das erste Tankschiff für verflüssigten Wasserstoff brachte den Brennstoff nach Japan. Dort wurde das Gas in einem regulären Kraftwerk verbrannt und damit Strom erzeugt. In der Präfektur Fukushima errichtete die Lokalregierung eine Versuchsanlage für die Herstellung von Wasserstoff per Elektrolyse mit Strom aus einem eigenen Solarkraftwerk.
Inzwischen erklärte die Regierung in Tokio Wasserstoff zu einem zentralen Element für den angestrebten Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft im Jahr 2050. Im neuen Weißbuch für Energie wird Wasserstoff als Schlüsselmaterial für die Dekarbonisierung mehrerer Wirtschaftssektoren bezeichnet. Anders als Deutschland versucht Japan einen gleitenderen Ausstieg aus fossilen Energien, statt möglichst rasch auf Sonnen- und Windstrom umzuschwenken.
Gleitender Übergang
Moderne Kraftwerke für Gas, Kohle und Öl sollen daher für die Stromerzeugung vermehrt Ammoniak als Brennstoff beimischen und werden dafür technisch vorbereitet. Ammoniak ist eine Verbindung aus Wasserstoff und Stickstoff. Auf diese Weise ließen sich die bestehenden und noch nicht amortisierten Kraftwerke noch weiter nutzen. Zugleich setzt Japan weiterhin auf den vermehrten Einsatz von Elektroautos mit Brennstoffzellen statt Batterien. Auch synthetische Kraftstoffe auf Basis erneuerbarer Energien will Japan als alternatives Antriebsmittel für Fahrzeuge fördern. Außerdem soll das Treibhausgas Kohlendioxid neben der Speicherung im Meeresboden mit grünem Wasserstoff zu erneuerbarem Methanol verarbeitet werden.