Japan setzt neue Konjunkturspritze

Echte Ausgaben von umgerechnet 65 Mrd. Euro - Internationaler Währungsfonds dringt auf Reformen

Japan setzt neue Konjunkturspritze

Ein dickes Stimuluspaket über 28 Bill. Yen soll Japans Wachstum stabilisieren. Unterdessen gibt der Internationale Währungsfonds Tipps für einen Abenomics-Neustart.mf Tokio – Das japanische Kabinett hat wie erwartet ein großes Konjunkturpaket auf den Weg gebracht. Die Mehrausgaben von 28,1 Bill. Yen (244 Mrd. Euro) bezeichnete Premierminister Shinzo Abe als “Investition in die Zukunft”. Die Summe entspricht 5,6 % der Wirtschaftsleistung und 30 % des Staatshaushaltes für das laufende Jahr. Begleitet wird das Paket von Maßnahmen für ein steigendes Lohnniveau.Die Kombination sollte Musik in den Ohren des Internationalen Währungsfonds sein. Im Rahmen der Artikel-IV-Konsultationen hat der IWF jetzt eine Nachjustierung der Abenomics-Politik empfohlen. Konkret soll Japan mit mehr Ehrgeiz als bisher Strukturreformen durchführen, sich für höhere Löhne einsetzen, einen glaubwürdigen fiskalischen Konsolidierungsplan vorlegen, die Inflationserwartungen erhöhen und die Stabilität des Finanzsystems absichern.Die Abe-Regierung schätzt den gesamtwirtschaftlichen Wachstumseffekt ihres Pakets auf 1,3 % über zwei Jahre verteilt. Unabhängige Analysten erwarten einen Effekt von nur 1,0 % oder noch weniger. Denn mehr als die Hälfte des Pakets fußt auf der Schätzung von Mehrausgaben von privaten Unternehmen und öffentlichen Institutionen. So wird die Volumenerhöhung von günstigen Krediten bei staatlichen Finanzinstituten in “stimulierte” Investitionen hochgerechnet, die womöglich ohnehin getätigt würden und unterm Strich nichts zum Bruttoinlandsprodukt beitragen. Die Regierung gebe Ressourcen vor, über die sie gar nicht verfüge, kritisierte Yasunari Ueno, Chefökonom des Brokerhauses Mizuho.Von den 13,5 Bill. Yen an “fiskalischen” Maßnahmen gehen 6 Bill. Yen auf das Konto des “Fiscal Loan and Investment Program” (FILP). Dieser gegenüber früher stark geschrumpfte Schattenhaushalt dient dem Staat zur Förderung von privaten Investitionen etwa durch Kreditgarantien. Wegen der erwarteten Rückzahlung tauchen die FILP-Anleihen in der Schuldenbilanz nicht auf. Der größte Brocken von 3 Bill. Yen geht an die bisher privat finanzierte Magnetbahn Maglev. Unter diesen Posten fällt auch die Erweiterung von Häfen für Kreuzfahrtschiffe mit Touristen.Die verbleibenden 7,5 Bill. Yen (65 Mrd. Euro) an “echtem” Stimulus werden schrittweise über einen Nachtragshaushalt im Herbst und 2017 vermutlich über den normalen Staatsaushalt ausgegeben. 2,7 Bill. Yen fließen in den Wiederaufbau der im Frühjahr von einem Erdbeben zerstörten Gebiete auf der Hauptinsel Kyushu. Noch in diesem Jahr erhalten die 22 Millionen Geringverdiener je einen Konsumgutschein für 15 000 Yen (130 Euro). Dazu werden kleinere Firmen bei der Automatisierung und gegen mögliche Brexit-Folgen unterstützt. Neue Exporthilfen für Bauern sind eine Reaktion auf Stimmenverluste der Regierung bei der Juli-Wahl auf dem Land.Dauerhafter wirken sich neue Maßnahmen für ein höheres Lohnniveau aus. Der Mindestlohn soll um 24 Yen bzw. 3 % auf 822 Yen (7,15 Euro) steigen. Nach inoffiziellen Angaben sind davon 4 Millionen Japaner betroffen. Mittelfristig werden 1 000 Yen Mindestlohn angestrebt. Außerdem will die Regierung die Abgabe für die Arbeitslosenversicherung, die sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen, von derzeit 0,8 % auf 0,6 % senken. Dadurch hätten Arbeitnehmer 340 Mrd. Yen mehr in der Tasche. Zudem sollen die Mitarbeiter in städtischen Kindergärten und Altersheimen ab 2017 höhere Löhne erhalten. Eine schärfere Begrenzung von Überstunden soll zugleich zu Neueinstellungen führen.