Japans Wirtschaft entwickelt sich zum "Ausreißer"
Japans Wirtschaft entwickelt sich zum “Ausreißer”
Starke private Investitionen – Höhere Lagerbestände
mf Tokio
Das japanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat im Auftaktquartal 2023 stärker zugenommen als zunächst geschätzt. Das BIP wuchs zwischen Januar und März real und saisonbereinigt um 0,7% zum Vorquartal bzw. mit einer Jahresrate von 2,7%. Dieser Wert lag weit über der Durchschnittsprognose von 1,9%. Die erste Schätzung im Mai hatte nur ein Plus von 0,4% bzw. eine annualisierte Rate von 1,6% ergeben. Japanische Medien spekulierten daher, dass Premier Fumio Kishida den starken Aufschwung für vorzeitige Neuwahlen nutzen könnte.
Der Hauptanlass für die ungewöhnlich kräftige Revision waren die Kapitalausgaben der Unternehmen, die um 1,4% zum Vorquartal statt der vorher kalkulierten 0,9% zulegten. Die privaten Investitionen stiegen damit – ebenso wie der private Konsum – bereits das vierte Quartal hintereinander. Viele Unternehmen setzen wegen des Personalmangels auf eine Automatisierung. Viele Supermärkte führen SB-Kassen ein, Restaurants setzen auf Serviceroboter. Allerdings fiel die Korrektur auch durch die plötzliche Zunahme der Lagerbestände unerwartet hoch aus. Offenbar hält die Nachfrage mit der Produktion nicht mehr Schritt.
Dennoch liegt die Inselnation mit diesen Zahlen im internationalen Vergleich weit vorne. „Japan ist der positive Ausreißer in diesem Jahr“, erklärte Ökonom Robert Feldman vom Brokerhaus Morgan Stanley MUFG. Die Volkswirtschaften der zehn größten Industrienationen wachsen laut seiner Prognose 2023 im Schnitt nur um 0,5%, Japans Wirtschaft aber um 1%. Die Weltbank erwartet für Japan ein Wachstum von 0,8% und damit doppelt so viel wie für die Eurozone. Und die OECD sagt in ihrem jüngsten Ausblick einen BIP-Anstieg von 1,3% vorher, die deutsche Wirtschaft soll dagegen stagnieren.
Auch 2024 soll Japans Wirtschaft den Prognosen zufolge stärker als mit ihrer Potenzialrate von 0,5% zunehmen. Allerdings liegt die reale Wirtschaftsleistung immer noch unter dem Niveau vom Ende des dritten Quartals 2019, bevor Japan die Mehrwertsteuer um 2 Punkte auf 10% anhob und die Pandemie begann. Privatkonsum und Kapitalausgaben liegen ebenfalls noch unter diesem Niveau.