Konjunkturstärke

Japans Wirtschaft wächst unerwartet kräftig

Das reale Wachstum von Japans Bruttoinlandsprodukt hat sich im zweiten Quartal beschleunigt. Für die zweite Jahreshälfte zeigen sich Analysten jedoch etwas weniger zuversichtlich.

Japans Wirtschaft wächst unerwartet kräftig

Japans Wirtschaft wächst unerwartet kräftig

Auslandsnachfrage als Wachstumstreiber – Weniger Konjunkturoptimismus für das zweite Halbjahr

mf Tokio

Die drittgrößte Volkswirtschaft überraschte im zweiten Quartal dank hoher Exporte mit einem Wachstumsspurt. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen April und Juni nahm laut der ersten vorläufigen Schätzung um 1,5% zum Vorquartal bzw. mit einer Jahresrate von 6,0% zu. Das war doppelt so viel wie erwartet und so kräftig wie zuletzt Ende 2020. Außerdem war es der dritte Quartalsanstieg in Folge. Das BIP wuchs auf 560,7 Bill. Yen (3,5 Bill. Euro) und übertraf erstmals den Höchststand vor der Pandemie. Die Wachstumsrate im Auftaktquartal 2023 wurde zudem um 0,3 Punkte auf 0,9% nach oben korrigiert.

Verlangsamung in Sicht

Für die zweite Jahreshälfte zeigten sich Analysten jedoch zurückhaltend. Matthias Krieger von der LBBW erwartet eine Verlangsamung der Wachstumsdynamik. „Der bisherige Treiber, die Erholung des privaten Konsums nach dem Ende der Pandemie, hat deutlich an Zugkraft verloren“, sagte Krieger. „Da die auch in Japan erhöhte Inflation die Lohnerhöhungen überkompensiert, verlieren die Konsumenten gerade an Kaufkraft." Dies belaste die Kauflaune wohl spürbar.

Ökonom Marcel Thieliant von Capital Economics sagt einen Rückgang der Autoexporte vorher. Ein stabilisierender Faktor könnte der Tourismus sein, nachdem die Regierung in China vergangene Woche wieder Gruppenreisen nach Japan erlaubte. Vor der Pandemie stellten Chinesen die größte Besuchergruppe. Die mögliche Konjunkturabschwächung könnte Spekulationen am Markt beenden, dass die Bank of Japan aufgrund hoher Inflation und starken Wachstums ihre Geldpolitik strafft, zumal Gouverneur Kazuo Ueda in seinen jüngsten Kommentaren auf „Unsicherheiten in den Überseemärkten“ verwiesen hatte.

Starke Autoausfuhren

Die kräftige BIP-Beschleunigung im vergangenen Vierteljahr basierte vor allem auf der Auslandsnachfrage. Der Nettoexport trug 1,8 Prozentpunkte zur Wachstumsrate bei. Das war der zweithöchste Beitrag in 28 Jahren. Die Ausfuhr von Autos stieg um 14% zum Vorquartal, weil die japanischen Hersteller aufgrund von genügend Halbleitern mehr produzierten und ihre Auftragslisten abarbeiteten. Die Exportdaten enthalten auch die Ausgaben von ausländischen Touristen. Ihre Zahl erreichte im Juni 70% des Niveaus vor der Pandemie, aber ihre Ausgaben kletterten wegen der Yen-Abwertung bereits fast wieder auf den Stand von 2019.

Zugleich sackten die Importe um unerwartet hohe 4,3% zum Vorquartal ab. Hier wirkten sich vor allem die Preisrückgänge bei Energieimporten, aber auch weniger Einfuhren von Covid-Impfstoffen aus. „Der Rückgang der Importe kann auch als Ausdruck einer schwachen Inlandsnachfrage interpretiert werden", meinte Ökonom Yoshiki Shinke vom Dai-ichi-Life-Forschungsinstitut. Der Privatkonsum, der 60% des BIPs ausmacht, sank um 0,5% zum Vorquartal erstmals seit drei Quartalen. Die Japaner gaben zwar mehr in Restaurants und für Reisen aus, aber hielten sich bei Lebensmitteln und Alltagsgütern zurück. Die Unternehmen investierten genauso viel wie im Vorquartal.

| Quelle:
BZ+
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