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Jeremy Corbyns mögliche Nachfolger warten schon

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 8.1.2020 Rebecca Long-Bailey (40) hat nun endlich auch ihre Kandidatur für das Amt des Parteichefs von Labour bekannt gegeben. Damit sind die aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge des glücklosen...

Jeremy Corbyns mögliche Nachfolger warten schon

Von Andreas Hippin, LondonRebecca Long-Bailey (40) hat nun endlich auch ihre Kandidatur für das Amt des Parteichefs von Labour bekannt gegeben. Damit sind die aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge des glücklosen Jeremy Corbyn bekannt, dem die Partei den Verlust von 60 Unterhausmandaten verdankt. Long-Bailey war im “Schattenkabinett” Corbyns für das Thema Wirtschaft zuständig. Als sie im Oktober auf dem Parteitag in Brighton sprach, standen Corbyn und John McDonnell, der gerne Schatzkanzler geworden wäre, auf der Bühne – ein Zeichen der Unterstützung. Long-Bailey, die in Old Trafford das Licht der Welt erblickte, gilt als “Weiter so”-Kandidatin der Corbynistas. Sie trat während des Wahlkampfs in Fernsehdebatten auf und vertrat Corbyn bei der wöchentlichen Fragestunde des Premierministers. Sie kann im Gegensatz zu einer ganzen Reihe ihrer Mitbewerber von sich behaupten, dass ihre Wurzeln in der Arbeiterklasse liegen. Ihre irischen Eltern wurden wegen ihrer Herkunft diskriminiert. Ihr Vater war Hafenarbeiter und Gewerkschafter in den Salford Docks, ihre Mutter arbeitete in einem Laden. Beide hatten Mühe, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Long-Bailey besuchte eine katholische Schule und machte ihre ersten Arbeitserfahrungen bei einem Pfandleiher. Vor vier Jahren war sie eine der 36 Unterhausabgeordneten, die Corbyn für die Parteispitze nominierten.Geht es nach einer Yougov-Umfrage unter Parteimitgliedern, hat jedoch Keir Starmer (57) die besten Aussichten, Corbyn im Amt zu beerben. Mit 36 % lag er um 13 Prozentpunkte vor Long-Bailey. Dabei tut sich der Londoner Menschenrechtsanwalt, den seine Eltern nach dem ersten Labour-Abgeordneten Keir Hardie benannten, mit der Arbeiterklasse nicht so leicht. Der Hinweis, dass es sich bei ihm um einen Millionär handele, wurde dem “Evening Standard” zufolge gleich mehrfach von der Wikipedia-Seite von Sir Keir entfernt. Sein Team beteuerte, damit nichts zu tun zu haben. Zudem hieß es zuletzt immer wieder, dass die Partei diesmal von einer Frau geführt werden sollte. Starmer hatte sich in der Brexit-Debatte als Austrittsgegner positioniert, zeigte sich zuletzt aber bereit, das Ergebnis des EU-Referendums von 2016 zu akzeptieren. Er verteidigte zudem den Linksruck, zu dem es unter Corbyns Führung gekommen war – eine Überraschung für alle, die ihn eher in der politischen Mitte verortet hatten.Jess Phillips (38) erreichte in der Yougov-Umfrage mit 12 % Platz 3. Die Abgeordnete aus Birmingham hat sich das Image der bürgernahen, Klartext redenden Politikerin gegeben. Die Feministin gehört zu den Lieblingen der bürgerlichen Presse. Phillips hatte sich für den Verbleib in der EU eingesetzt und deutete zuletzt an, sich unter Umständen auch für einen Wiedereintritt starkzumachen.Emily Thornberry (59), eine weitere Londoner Menschenrechtsanwältin, die in Corbyns Führungsteam für außenpolitische Themen verantwortlich war, sowie die Unterhausabgeordneten Lisa Nandy (40), Yvette Cooper (50) und Clive Lewis (48) kamen in der Umfrage über einstellige Werte nicht hinaus. Erst am 4. April wird der neue Parteichef bekannt gegeben werden.