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Johnson krempelt den öffentlichen Dienst um

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 30.6.2020 Der britische Premierminister Boris Johnson ist auf dem Weg zum Umbau des öffentlichen Dienstes einen Schritt weiter. Mark Sedwill (55), der ranghöchste Beamte des Landes, kündigte an, sein Amt...

Johnson krempelt den öffentlichen Dienst um

Von Andreas Hippin, LondonDer britische Premierminister Boris Johnson ist auf dem Weg zum Umbau des öffentlichen Dienstes einen Schritt weiter. Mark Sedwill (55), der ranghöchste Beamte des Landes, kündigte an, sein Amt im Cabinet Office und als Nationaler Sicherheitsberater im September niederzulegen. David Frost (55), der bislang die Verhandlungen mit der EU über die künftigen Handelsbeziehungen führt, wird im Oktober als Nationaler Sicherheitsberater übernehmen.Die Personalie erhöht den Druck, die gestern wieder aufgenommenen Gespräche schnell zu Ende zu bringen. Man habe bereits gesagt, dass man im Oktober nicht immer noch Verhandlungen führen wolle, zitierte die “Huffington Post” einen Sprecher der Downing Street. Man wolle der Wirtschaft ausreichend Zeit geben, sich auf die Veränderungen zum Jahresende vorzubereiten.Wie der “Guardian” unter Berufung auf Bekannte Sedwills berichtet, hatte sich der ehemalige britische Botschafter in Afghanistan darüber geärgert, dass immer wieder negative Berichte über ihn in den Medien zu finden waren. Er sei auf “feige” Art und Weise unterminiert worden, monierte die Beamtengewerkschaft FDA. Die Regierung werde ohne ihn schwächer sein. Im Kabinett mag man das anders sehen. Sedwill war ein Überbleibsel der Amtszeit von Theresa May. Sie hatte ihn noch aus ihrer Zeit als Innenministerin in guter Erinnerung. Nach dem Tod von Jeremy Heywood machte sie Sedwill zu dessen Nachfolger im Cabinet Office. Später bekam er auch noch das Amt des Nationalen Sicherheitsberaters verliehen. “Sie haben in Whitehall alles gemacht: von Afghanistan bis zur Modernisierung des öffentlichen Dienstes, von der Zuwanderungspolitik bis zum Brexit und der Bekämpfung des Coronavirus”, lobte ihn Johnson. Er habe die Dankbarkeit der Nation verdient.Man könnte die Laudatio auf Sedwill aber auch als Auflistung der größten Pleiten und Versäumnisse des öffentlichen Dienstes lesen. Johnsons Chefstratege Dominic Cummings hatte jüngst ein Donnerwetter angekündigt. Cummings und Michael Gove wollen eine schlankere Verwaltung und mehr Experten, die sich auf ihren Fachgebieten wirklich auskennen, keine Generalisten wie Sedwill. Karrierebeamte dieser Art hätten sich in der Treibhausatmosphäre von Whitehall von der Mehrheit der Bevölkerung entfremdet, lautet ein gängiger Vorwurf. Die Verlegung von Funktionen in andere Landesteile solle dafür sorgen, dass nicht nur die Sichtweisen von Bewohnern des reichen Südostens vertreten seien.Sedwill ist nicht der erste britische Top-Beamte, der aufgibt. Die ranghöchsten Beamten des Innenministeriums (Philip Rutnam) und des Außenministeriums (Simon McDonald) sind bereits gegangen oder haben ihren Abschied angekündigt.